Adelboden, gestern Vormittag: Der Zielhang am Chuenisbärgli ist in dicke Nebelschwaden verpackt. Adolf Rösti (71), der einen Steinwurf vom Zielstadion wohnt, denkt bei derart garstigem Wetter automatisch an seinen grossen Tag im Januar 1972 zurück.
«Damals musste der Weltcup-Riesenslalom in Adelboden vom Chuenisbärgli auf die Tschentenalp verlegt werden, der erste Durchgang kam wegen des starken Nebels einem Blindflug gleich. Aber weil ich als Lokalmatador jede Welle auf dieser Piste auswendig kannte, ist mir trotzdem ein guter Lauf geglückt.»
Am Ende dieses Tages war nur der Bündner Werner Mattle noch schneller als Rösti – der gelernte Spengler ist damit bis heute neben Hans Pieren (56) der einzige Adelbodner, der beim Heimrennen den Sprung auf das Podest geschafft hat.
Dabei gehörten Athleten aus dem «Vogellisidorf» während Jahrzehnten zum fixen Bestandteil im Ski-Zirkus – von 1967 bis 2008 war immer mindestens ein Adelbodner im Weltcup vertreten. Umso mehr stellt sich die Frage, warum aktuell kein Vertreter vom Skiclub Adelboden auf höchster Stufe fährt.
Fast jeden Tag auf Ski
Röstis Erklärung: «Unsere Jugend hat heute in der Freizeit viel mehr Alternativen. Zu unserer Zeit hat es in Adelboden ausser dem Skilift und der Eisbahn ja nicht viel anderes gegeben.»
Der mittlerweile 71-Jährige steht auch jetzt noch fast jeden Tag auf den Ski. Und kaum ein anderer hat am Chuenisbärgli so viele Böcke geschossen wie Rösti. «Ich bin seit vielen Jahren leidenschaftlicher Jäger. Das Chuenisbärgli ist mein Hauptrevier in der Niederjagd-Saison. In diesem Gebiet sind mir schon einige prächtige Rehböcke vor die Flinte gelaufen.»