Heute heissen Laras Ratgeber Cuche, Albrecht und Morisod. Früher zählte mit Renate Götschl sogar eine direkte Konkurrentin dazu.
2010, ein Jahr nach ihrem Rücktritt, hatte die Österreicherin für das «Sport Magazin» die 16 Jahre jüngere Kollegin interviewt. Mit einem Augenzwinkern meinte Götschl damals, Lara könne ihr ja Satellitenbilder von ihren Fahrten schicken, wenn sie weiterhin Tipps wolle.
«Diesen Dienst hat Lara nie in Anspruch genommen», sagt Götschl gestern lachend, «aber sie hat meine Hilfe auch nicht mehr nötig. Sie und ihr Umfeld haben nun genug Routine. Lara weiss, was zu tun ist. Sie will gewinnen – und der Rest ist ihr wurst. Mit dieser Fokussierung wird sie ihren Weg machen.»
Es brauche nur ein wenig Geduld, so Götschl. Dann werde der erste Gesamtweltcup-Sieg früher oder später schon kommen.
Götschl fiebert mit der Schweizerin mit. Die Steirerin ist so optimistisch, dass sie sich auf die Wette festlegt, dass Lara die grosse Kristallkugel bereits heuer erobert.
Götschl: «Das Potenzial hatte sie schon immer. Und jetzt ist sie auf einem Level angekommen, wo sie ihr Talent auch konstant ausspielen kann. In Österreich würde man sagen: Sie ist eine richtige Rennsau!» Der Ex-Speed-Queen imponiert vor allem, dass Lara auf der Abfahrt trotz Gewichts-Nachteil (rund 15 kg leichter) Lindsey Vonn einheizt.
Im Gesamtweltcup-Duell (Vonn 700 Punkte) sieht Götschl einen womöglich entscheidenden Vorteil für Lara (738): «Sie ist jünger. Das heisst, sie ist auch ungestümer, kann mehr riskieren.» Götschl spricht aus eigener Erfahrung. Als sie 2000 ihre einzige grosse Kugel holte, war sie 24 – wie es Lara jetzt ist.
«Ich hatte in jener Phase so einen Biss, stand dauernd unter Spannung. Ich konnte im Zweikampf mit Michi Dorfmeister immer noch eine Schippe drauflegen. Ich sagte mir: Diese Kugel ist meins, und die gebe ich nicht so schnell aus der Hand. Ich hatte am Ende mein Ziel erreicht – auch wenn ich dann so ausgepumpt war, dass ich unbedingt Urlaub brauchte.»
Mit zunehmendem Alter habe sie sich dann eher mal in Sicherheit gewogen. Das sei für die Resultate sicher nicht förderlich gewesen. Trotzdem hat Götschl an Weltmeisterschaften sieben Einzel-Medaillen gewonnen.
Heute ist Götschl – mit der gleichen Leidenschaft wie sie Skirennfahrerin war – Mutter. Die Reiserei ist nicht mehr ihr Ding. Die beiden Töchter haben ihr Leben auf den Kopf gestellt. Die Erstgeborene heisst nicht zufällig Lara-Sophie. Bei der Namenswahl haben sich Götschl und ihr Mann Hannes Kargl auch durch Lara Gut inspirieren lassen. Heimat der Familie ist Spielberg, wo sich die Formel-1-Rennstrecke befindet.
In ihrer spärlichen Freizeit hat Götschl die Jagdprüfung gemacht. Und mal unterstützte sie einen Politiker. Ein Einstieg in die Politik kam aber nie infrage: «Da würde ich mit meinem Charakter nicht hinpassen. Ich müsste zu viele Kompromisse eingehen. Ich bin lieber gerade heraus. Das hilft in der Politik nicht.»
Auf den Ski steht sie nicht mehr so oft. Juckt es sie gar nicht mehr, wenn sie am Fernsehen Skirennen schaut? «Die einzige Piste, die mich reizen würde, ist Cortina. Da könnte ich heute noch blind runterfahren.» In Cortina hat sie 10 ihrer 46 Weltcup-Siege gefeiert. Deshalb wird sie gebannt verfolgen, wenn die Speed-Spezialistinnen dort am nächsten Wochenende wieder zu Gast sind. Und klar: Sie wird Lara Gut die Daumen drücken.