«Erfüllt mich mit Stolz»
Murisier wieder am Ort seines Triumphs – aber etwas fehlt

Ein Jahr nach dem Sieg bei der Abfahrt von Beaver Creek kehrt Justin Murisier für das kommende Rennwochenende an den Ort seines grössten Erfolgs zurück. Seinen Namen sucht man auf der Siegertafel aber vergeblich.
Kommentieren
1/5
Vor einem Jahr feierte Justin Murisier in Beaver Creek den Sieg in der Abfahrt. Nun ist er zurück im Skiort in den Rocky Mountains.
Foto: Sven Thomann

Darum gehts

  • Justin Murisier will Abfahrtstitel in Beaver Creek trotz Verletzungen verteidigen
  • Adler-Statue am Ortseingang ehrt Sieger der «Birds of Prey» Rennen
  • Murisier musste zwischen 2011 und 2018 drei Kreuzbandrisse verkraften
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Die beim Ortseingang platzierte Adler-Statue ist das Wahrzeichen von Beaver Creek. Auf dem Horst des künstlichen Raubvogels sind Plaketten mit klangvollen Namen angebracht, die auf der «Birds of Prey» die Abfahrt oder den Super-G gewonnen haben. Im Vorjahr hat der Walliser Justin Murisier in sensationeller Manier die technisch extrem anspruchsvolle Abfahrt in Colorado gewonnen.

Beim ersten Blick auf die Siegertafel beginnen die Augen des 33-jährigen Draufgängers aus dem Val des Bagnes zu leuchten: «Wenn ich die Namen von Hermann Maier, Bode Miller oder Didier Cuche lese, erfüllt es mich mit noch mehr Stolz, dass ich wie sie dieses Rennen gewonnen habe – der Herminator, Bode und Didier waren die Idole meiner Jugend.»

Doch beim zweiten Blick auf diese tierische Statue entdeckt der gelernte Forstwart einen Schönheitsfehler: «Seit im Dezember 2021 Aleksander Aamodt Kilde die Abfahrt und mein Kumpel Marco Odermatt den Super-G gewonnen haben, wurden hier keine weiteren Siegerplaketten angebracht. Weil es auf dieser Tafel ja noch Platz hat, würde ich mich schon freuen, wenn man meinen Namen auch noch hinzufügen würde. Auch Odi müsste eine weitere Plakette erhalten, schliesslich hat er im Vorjahr am Tag nach meinem Abfahrtstriumph den Super-G gewonnen.»

Operation nach der Saison

Murisier hat vor seiner Abfahrts-Gala auf der Raubvogel-Piste so viele Rückschläge in Kauf nehmen müssen wie kaum ein anderer Rennfahrer. Nachdem er sich 2010 kurz nach seinem 18. Geburtstag beim Slalom in Val-d’Isère als Achter erstmals in den Top Ten eines Weltcuprennens klassierte, musste das Allrounder-Talent zwischen 2011 und 2018 drei Kreuzbandrisse in Kauf nehmen.

Und auch nach seinem Mega-Erfolg vor zwölf Monaten haben die Schmerzen beim Cousin von Abfahrtsaltmeister William Besse (57, Lauberhornsieger 1994) nicht nachgelassen. «Ich konsumiere wirklich nur dann Medikamente, wenn es gar nicht anders geht. Aber ab dem Alta-Badia-Riesen kurz vor Weihnachten bis und mit der Abfahrt und dem Super-G in Kitzbühel konnte ich aufgrund meiner Kniebeschwerden kein Rennen ohne Schmerzmittel bestreiten», gesteht Murisier.

Nach der Saison musste der geniale Techniker, der sich immer mehr zum reinen Speed-Spezialisten entwickelt, gleich zweimal in den Operations-Saal geschoben werden. Im April hat der Romand die knöchernen Auswüchse in seinem Knie entfernen lassen, sechs Wochen später musste er aufgrund eines Bandscheibenvorfalls unters Messer.

«Ein paar falsche Entscheidungen»

«Ich habe als junger Rennfahrer ein paar falsche Entscheidungen getroffen, für die ich heute bezahlen muss», gesteht Murisier und wird konkret: «Ich habe mir nach meinen ersten Verletzungen zu wenig Zeit gelassen und bin zu oft mit starken Schmerzen Ski gefahren. Die jungen Athleten agieren heute viel schlauer als ich damals. Sobald sie im Training ein Stechen wahrnehmen, brechen sie ab.»

Trotz seiner Jugendsünden blickt Murisier seiner Titelverteidigung auf der «Birds of Prey» zuversichtlich entgegen: «Die Mobilität meines Knies ist besser als vor zwölf Monaten, der Zustand meines Rückens ist ebenfalls ordentlich. Und wenn ich mir auf Video meine Siegfahrt anschaue, sehe ich einige Passagen, bei denen ich mir zutraue, sie diesmal noch besser meistern zu können. Zudem sind meine Head-Ski auf diesem Schnee besonders schnell.»

Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen