Der Slalom-Trainer hofft in Are auf einen Exploit von Aerni & Co.
Hier überlebte Steve Locher einen Horror-Unfall

Steve Locher hat unseren Slalom-Männern neues Leben eingehaucht. Heute coacht er Daniel Yule und Co. in Are. Hier hat der Walliser vor vier Jahren beinahe sein Leben verloren.
Publiziert: 14.12.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:08 Uhr
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Are 2010: Wie durch ein Wunder gab es beim Horror-Unfall der Swiss-Ski-Trainer damals keine Toten.
Foto: Elisabet Rydell-Janson
Von Marcel W. Perren

Are am 1. Dezember 2010. Locher weilt für ein Europacuprennen im Nobel-Skiort in Mittelschweden. Obwohl dieser Tag sein Leben verändert, kann sich der Bronzemedaillengewinner der Olympia-Kombination von 1992 nur an eine kleine Sequenz erinnern: «Ich weiss noch, dass ich meinen Kollegen gesagt habe, dass sie sich besonders warm anziehen sollen, weil das Thermometer vor dem Hotel minus 10 Grad angezeigt hat. Ich bin dann mit den drei anderen Swiss-Ski-Trainern in unseren Kleinbus gestiegen. Ab diesem Moment habe ich einen Filmriss.»

Was danach passiert ist, erfährt er Stunden später, als er im Universitätsspital in Umea erwacht. Die Schweizer Trainer sind mit ihrem Bus frontal in einen Lastwagen gedonnert. Wie durch ein Wunder gibt es bei diesem Horror-Crash keine Toten. Locher kommt mit einer Becken- und Halswirbelfraktur davon.

In einer Not-Operation wird dem Dritten des WM-Riesen 1999 eine Metallplatte eingesetzt, die seitdem seinen fünften Halswirbel stützt. «Deshalb tue ich mich bei gewissen Bewegungen ziemlich schwer. Und meine Athleten sagen mir manchmal, dass ich mich auf der Skipiste bisweilen ähnlich ungelenk bewege wie ein Roboter. Aber damit kann ich gut leben. Zumal ich keine Schmerzen mehr verspüre und mit Ausnahme von Blutverdünnungstabletten keine Medikamente nehmen muss», sagt Steve.

Bis heute taube Finger

Locher kann heute auch seine Kaffeetasse wieder ordentlich festhalten. «Unmittelbar nach dem Unfall habe ich die Tasse mehrmals fallen lassen, weil ich in der rechten Hand ein ganz schlechtes Gefühl hatte. An zwei Fingern spüre ich zwar bis heute nichts. Doch die Chance ist gross, dass ich dieses Gefühl in den nächsten Jahren vollumfänglich zurück­erlange.»

Viel Gefühl hat Locher zuletzt beim Aufbau einer jungen Slalom-Equipe bewiesen. Luca Aerni (21) und Daniel Yule (21) schnupperten im letzten Winter in Kitzbühel mit den Rängen 6 und 7 erstmals an der Weltspitze, Yule fuhr vor vier Wochen in Levi erneut in die Top 10.

Ein ähnliches Resultat erwartet Locher auch heute im Slalom: «Während Aerni nach seinem Bandscheibenvorfall im letzten Sommer noch die Konstanz fehlt, besticht Yule seit Monaten mit einer grossen Beständigkeit. Darum traue ich ihm einen Platz in den Top 15 zu. Und ich erwarte zwei weitere Schweizer im zweiten Lauf.»

Was auffällt, ist, dass der 47-jährige Walliser seine Ziele mit noch mehr Überzeugung und Lebensfreude als früher formuliert: «Bis Are 2010 habe ich mir nie Gedanken über den Tod gemacht. Doch dann hat mir dieser Unfall gezeigt, wie schnell alles vorbei sein kann. Deshalb bin ich besonders glücklich und dankbar, dass ich eine weitere Chance erhalten habe.»

TV-Ansturm wegen Koch

Den Deutschen Samuel Koch, der seit seinem Unfall bei «Wetten, dass ..?» im Rollstuhl sitzt, hat es da weit schwerer getroffen. Mit ihm verknüpft Locher besondere Erinnerungen: «Samuel lag zum selben Zeitpunkt wie ich im Spital in Nottwil. Ich habe zwar keinen Kontakt mehr zu ihm, aber ich werde ihn nie vergessen, weil sich wegen ihm damals unzählige Reporter und TV-Kameras vor dem Paraplegiker-Zentrum aufgestellt hatten.»

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