Darum gehts
Julia Scheib (27) ist die Frau der Stunde. Drei von fünf Riesenslaloms hat der nur 1,62 m grosse Ski-Gummiball aus der Steiermark gewonnen. Auch am Semmering (Ö) ist sie die Beste. Drei Siege in einer Disziplin in einem Winter? Das gelang einer Österreicherin letztmals vor elf Jahren – Anna Veith. Was viele nicht wissen: Scheib ist auch eine leidenschaftliche Köchin. Bloss: Diesmal bleibt ihr vor Neujahr kaum Zeit. Gönnt sie sich trotzdem ein spezielles Silvester-Menü? Sie verneint: «Ich habe mir überlegt, zu kochen. Aber es wird wohl wieder die gute alte Pizza sein. Wir werden sie bestellen. Und vielleicht gibts ein Kaiserschmarrn obendrauf. Ich freue mich!»
So ehrgeizig Sue Piller (20) im Skifahren ist, so direkt analysiert sie ihre Fahrten. Die in der Nähe von Gstaad BE lebende Freiburgerin ist am Samstag nach ihrem verpatzten Riesenslalom-Lauf bedient. Als 42. verliert Piller 4,72 Sekunden und verpasst den zweiten Durchgang deutlich. «Klar waren die Bedingungen sehr schwierig nach der Startnummer 30, aber es wäre möglich gewesen. Die Trainer sagten mir, ich solle die Tore gerade ansteuern und dann kurz auf die Kanten steigen. Ich habe aber das Gegenteil gemacht – zu rund, mit Drifts. Ich habe alles verbremst – eine Katastrophe!» Nachdem Piller in Tremblant (Ka) zweimal punktete (20. und 28.) ist dies ein Rückschlag. Ihr Potenzial bleibt trotzdem riesig.
Während einige Medien sie «Ski-Shakira» nennen (ihre Mutter stammt aus Kolumbien), erklärt Supertalent Giada D’Antonio (16, It) in der «Gazzetta dello Sport» ihren Spitznamen «Black Panther». Ihre Freunde und sie hätten immer Spass daran gehabt, Spitznamen aus Filmen auszudenken. Ihrer sei jener von Marvel-Superheld «Black Panther» (Schwarzer Panther) gewesen – D’Antonio mochte den Film sehr. Ihr gefällt der Spitzname: «Er beschreibt, wer ich bin.» Im Gegensatz zum Film, der einst drei Oscars gewann, brilliert D’Antonio am Semmering (Ö) nicht – sie verpasst im Slalom den zweiten Lauf deutlich. Gut möglich, dass von ihr trotzdem noch viel zu hören sein wird.
Mélanie Meillard (27) findet auch am Semmering nicht aus dem Tief. Sie wird im Slalom 17. und ist enttäuscht. Ihr Rückstand auf Siegerin Mikaela Shiffrin (30, USA)? 5,73 Sekunden. «Es läuft nicht. Die schlechte Piste ist keine Entschuldigung», sagt sie. Die meisten Experten sind der Meinung, dass das grösste Problem der Gefühlsfahrerin im mentalen Bereich liegt. «Es liegt im Kopf. Aber es ist einfach zu sagen, dass es nur das ist. Im Sommer hat vieles nicht geklappt.» Meillard findet, dass sie erst mit Beginn des Winters richtig gute Trainings hatte. Den eingehandelten Rückstand konnte sie nicht wettmachen. «Ich bin nicht da, wo ich will», sagt sie. Meillard wird wie der Rest des Technik-Teams nicht nach Hause fahren, sondern vor den Rennen in Kranjska Gora (Sln) in Österreich trainieren.
Das Teamergebnis der Schweizer bei der Weltcup-Premiere in Livigno (It) ist unumstritten ausgezeichnet: Fünf Skigenossen klassieren sich in diesem Super-G in den Top 11, Alexis Monney (2.) und Franjo von Allmen (3.) grüssen neben Österreichs Triumphator Marco Schwarz vom Podest. Äusserst umstritten wird jedoch der neue FIS-Trend, die Rennstrecken aus Sicherheitsgründen mit weniger Wasser zu präparieren, diskutiert. Der ehemalige Swiss-Ski-Präsident und jetzige FIS-CEO Urs Lehmann (56) schwärmt von einer «eisfreien, aber sehr kompakten Piste». Österreichs Hans Knauss ist ebenfalls der Meinung, «dass die Piste in diesem Rennen hervorragend gepasst hat». Anderer Meinung ist Italiens Speed-Held Dominik Paris (36), welcher diesen Wettkampf unmittelbar hinter Marco Odermatt (28) auf dem fünften Rang beendet hat. «Es wäre viel besser gewesen, wenn die Piste ordentlich vereist gewesen wäre. Ich glaube nicht, dass wir weniger Verletzungen haben werden, wenn die Pisten anstatt Eis aggressiven Schnee beinhalten werden. Ich befürchte eher das Gegenteil.» Odermatt pflichtet Paris bei: «Ich fürchte den aggressiven Schnee wie hier in Livigno sehr viel mehr als eine gute Eispiste. Den Innenski frisst es dir bei solchen Verhältnissen viel schneller.» Abfahrts-Weltmeister von Allmen zielt in dieselbe Richtung. «Eine mit Wasser präparierte Piste ist viel weniger gefährlich, als wenn es auf einer nicht vereisten Piste bei jedem zweiten Tor Löcher hat.» Das vorläufig letzte Wort in dieser Angelegenheit spricht Deutschlands Ski-Papst Felix Neureuther (41) aus. «Wenn ich mir ein Weltcuprennen anschaue, will ich sehen, wie sich die weltbesten Athleten auf einer schwierigen, richtig knackigen Piste bewähren müssen. Beim Livigno Super-G habe ich das vermisst. Dort musste man für eine gute Platzierung technisch nicht besonders gut Ski fahren. Die Präparation und die Topografie der Piste waren zu einfach.»
Obwohl die geniale Technik von Loïc Meillard (29) beim Livigno Super-G weniger gefragt war als die Speed-Qualitäten, hat der Riesen- und Slalom-Spezialist aus dem Unterwallis mit der Startnummer 31 den siebten Rang herausgefahren. Damit ist der Slalom-Weltmeister nach Marco Odermatt erst der zweite Alpin-Star, welcher sich im laufenden Weltcup-Winter in drei Disziplinen in den Top 7 klassiert hat. Im Gesamtweltcup belegt der 29-Jährige jetzt bereits den dritten Rang (475 Punkte hinter Leader Odermatt), obwohl er in den ersten sechs Rennen nie besser als 14. war. «Technisch bin ich zwar zu Saisonbeginn nicht schlechter gefahren als jetzt, aber bis zum Riesenslalom in Beaver Creek haben meine Bewegungen nicht zur Technik gepasst. Mein Timing war falsch. Zum Glück habe ich nach den Rennen in Copper Mountain ein paar Tage richtig gut trainieren können. In dieser Phase hat sich auch der Zustand meines Rückens gut entwickelt. Deshalb läuft es mir jetzt viel besser», erklärt Meillard.
Der Berner Oberländer Marco Kohler ist seit der Jugendzeit mit seinem Nidwaldner Jahrgänger Marco Odermatt befreundet. Sie lernten sich als kleine Knirpse an einem Migros-Grand-Prix-Final kennen. Später besuchten die beiden Marcos die Sportschule in Engelberg. Selbstverständlich fährt «Köhli» genau wie «Odi» Stöckli-Ski. Vor dem Start in Livigno war Kohler, welcher in den letzten fünf Jahren durch zwei Kreuzbandrisse zurückgeworfen wurde, bezüglich der Wahl der Skibindung hin- und hergerissen. «Letztendlich war es Odi, der mich davon überzeugen konnte, dass ich auf diesem Schnee ein etwas anderes Modell benutzen soll, als ich das sonst mache», verrät Kohler. Das erfreuliche Endergebnis: Mit der Startnummer 49 ist der 28-Jährige auf den elften Rang gefahren, was gleichbedeutend mit seinem besten Super-G-Ergebnis ist.