Auf Wendy Holdener ist Verlass. Diese Regel galt im Slalom während mehrerer Jahre. Kaum einmal fiel die Schwyzerin aus, sie galt als Inbegriff der Beständigkeit. In 89 Weltcup-Slaloms erreichte sie das Ziel lediglich neun Mal nicht. Das entsprach einer Erfolgsquote von fast 90 Prozent.
Doch in diesem Winter ist alles anders! Nach einem Super-Start in Levi (Fi) mit Rang 2 fädelte Holdener sowohl in Killington (USA) als auch in Lienz (Ö) ein. Zwei Ausfälle nacheinander? Das erlebte sie in ihrer neunjährigen Karriere noch nie. «Klar, so etwas möchte man nicht, wenn man wählen kann», gibt sie zu. Die 26-Jährige lässt sich deswegen aber nicht fertigmachen. «Ich habe auch wieder etwas gelernt aus den zwei Rennen.»
Verfällt Holdener dem Selbstzweifel?
Nun könnte man meinen: Für eine Fahrerin wie Holdener, die früher bereits nach kleinen Fehlern in einen Strudel von Selbstzweifeln geriet, ist ein Doppel-Ausfall pures Gift.
In Zagreb (Kro) wird sich zeigen, ob diese These nach wie vor greift. Fakt ist: Wendy ist in der Psycho-Falle! Denn: In keiner anderen Disziplin ist Selbstvertrauen so wichtig wie beim Tanz durch den Stangenwald – nur schon ein kleines Zögern oder eine leichte Unsicherheit führen ins Verderben. Daran will Holdener gar nicht erst denken. «Ich ändere meine Taktik nicht. Wenn ich Gas gebe, fahre ich am besten.»
«Diese drei Tage haben mir Vertrauen gegeben»
Das dürfte Frauen-Chef Beat Tschuor gerne hören. Angesprochen auf die zuletzt 59 sieglosen Rennen in seinem Team fordert er «Risikobereitschaft, Mut und Kompromisslosigkeit». Genau das nimmt sich Holdener zu Herzen. Die letzten Trainings in Lienz und auf dem Kreuzbergpass in Italien seien gut gewesen, sagt ihr Trainer Werner Zurbuchen. Die Kombi-Weltmeisterin bestätigt: «Diese drei Tage haben mir Vertrauen gegeben.»
Aktuell liegt Holdener im Slalom-Weltcup auf Rang 8. Ein seltenes Bild. Weil der Weg zur Slalom-Kristallkugel aber wohl sowieso von Mikaela Shiffrin (USA) versperrt ist, dürfte Holdener dies verkraften. Viel wichtiger ist ihr der erste Slalom-Sieg der Karriere. Jetzt, wo kaum einer damit rechnet, wäre eine Überraschung umso süsser.