Darum gehts
Sie war ein Ski-Star, glänzte bei «Dancing Stars» und analysierte 17 Jahre lang im ORF als Expertin den Skizirkus: Alexandra Meissnitzer. «Das Wort Expertin mag ich nicht. Nicht für mich. Ich war Co-Kommentatorin», korrigiert sie. Seit dem Herbst ist die Österreicherin nicht mehr beim TV. «Ich bin jetzt 52 und habe mir gedacht: Wenn ich jetzt nicht noch was anderes mache, wann dann?» Meissnitzer wechselte die Fronten.
Beim Weltskiverband FIS hat sie die «Leitung Sonderprojekte im Präsidialamt» inne. Was das heisst? «Der Job ist breit gefächert. Zum Beispiel kümmere ich mich um die Hall of Fame des Skisports. Diese gab es noch nicht. Dabei sind Idole früherer Tage so wichtig. Sie zeigen: Es ist möglich, dass man es schafft. Warum soll schliesslich nicht einer aus einem kleinen Ort in der Schweiz, so wie Odermatt, ein Superheld werden?», fragt sie.
Das Ziel Meissnitzers ist gleich wie jenes von FIS-Präsident Johan Eliasch (63) und Urs Lehmann (56), der neu als CEO eingestiegen ist: Sie alle wollen den Schneesport besser, grösser und populärer machen. Am liebsten so wie im Tennis. «Wenn Jannik Sinner in Japan aus dem Flieger steigt, kennen ihn fast alle. Bei Marco Odermatt würde kaum einer reagieren. Dabei könnte er auch dort ein Star sein», so Meissnitzer. Schliesslich hätten es die Ski-Profis verdient, weltweit wahrgenommen zu werden.
Rennen in Argentinien oder Asien? «Wäre grossartig»
Die Gesamtweltcupsiegerin von 1999 und zweifache WM-Goldmedaillengewinnerin plädiert für Expansion. Nur so können mehr Geld generiert und der Sport grösser gemacht werden. «Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen», sagt sie. Zum Beispiel auf andere Kontinente.
Ein Weltcupauftakt in Neuseeland oder Argentinien, dann Rennen in Nordamerika, Europa und schliesslich Asien? «Das wäre grossartig. Ich würde mir wünschen, dass wir in fünf Jahren das eine oder andere Rennen haben, das wir jetzt nicht erwarten. Es soll ja Weltcup heissen und nicht Europacup, bei dem man zwischendurch in die USA reist.»
Aber sollte sich der Skisport nicht auf sein Kerngeschäft in Mitteleuropa fokussieren? In Amerika läuft seit Jahren wenig, und die letzten zwei Olympischen Spiele in Pyeongchang (2018) und Peking (2022) haben keinen Skihype ausgelöst.
Meissnitzer: «Das müssen und wollen wir ändern. Grösser denken ist wichtig. Tut man es nicht, stagniert man.» Schuster, bleib bei deinen Leisten – diese Redewendung lässt sie nicht gelten. «Wenn man immer so denken würde, wären wir heute noch mit Pferden unterwegs.»
Dass die asiatischen Winterspiele 2029 in Saudi-Arabien stattfinden werden, ist für Meissnitzer legitim – egal, wie viel Kritik es hagelt. «Warum sollten wir uns hier querstellen? Man muss sich doch bewusst sein: Wenn sich Staaten wie Saudi-Arabien etwas in den Kopf setzen, machen sie es sowieso. Immerhin investieren sie in den Sport. Da bin ich lieber dabei als aussen vor.» Natürlich müsse man immer alles gut prüfen, wie und was gemacht werde. «Aber ich verschliesse mich da doch nicht.»
Formel-1 ist Vorbild: «Sind dran»
Die Expansion ist das eine, das Meissnitzer bewegt, eine Doku-Serie das andere. «Da sind wir dran. Die Idee: Eine TV-Serie soll – ähnlich wie in der Formel 1 («Drive to Survive») – neues Publikum für den Skisport begeistern. «Viele Athleten sind offen dafür. Denn sie haben gesehen, wie sich die Formel-1-Serie ausgewirkt hat. Das gibt eine ganz andere Popularität. Und natürlich dadurch ein ganz anderer Marktwert.»
Wohin sich der Skisport bewegen wird? Das ist ungewiss. Sicher ist: Die FIS will vorwärts. Stillstand ist für sie Rückschritt.