Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Ein kalifornischer Berner Oberländer mischt die Schwing-Szene auf

Paxton Grass ist 16 Jahre alt. Die Kolumne von Felix Bingesser über eine schweizerische Auswandererfamilie.
Publiziert: 15.06.2025 um 14:36 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2025 um 15:00 Uhr
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Teenager Paxton Grass mischt die Schwing-Szene auf.
Foto: Zvg
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Felix BingesserReporter Sport

Im Jahr eines Eidgenössischen Schwingfests schaut man gespannt, ob es allenfalls einem Amerikaner mit Schweizer Wurzeln gelingt, für Aufsehen zu sorgen. Die Auslandschweizer, vorwiegend aus den USA, wo die Fahne des Nationalsports mit jährlich mehreren Schwingfesten hochgehalten wird, sind in Jahren wie diesen ein Farbtupfer in der Szene.

Der legendäre John Ming ist 1977 der Letzte, dem bei einem Eidgenössischen der Kranzgewinn gelingt. Fünf Jahre zuvor ist es Don Widmer, der für solch ein Husarenstück sorgt. 

Selbst Kranzgewinne bei kleineren Festen sind für Auslandschweizer eine Seltenheit. Letztmals verlässt 2015 ein US-Boy kranzgeschmückt ein Schwingfest. Frank Käch gewinnt beim Schaffhauser Kantonalen Eichenlaub.

Seit letzter Woche ist die Durststrecke beendet. Beim Oberaargauischen in Inkwil mischt ein 16-jähriger «Kalifornier» die Szene auf. Doppelbürger Paxton Grass gewinnt bei seiner erst dritten Teilnahme an einem Kranzfest Eichenlaub. Und nimmt aus dem Gabentempel eine Treichel mit nach Hause.

Paxton ist schwingerisch vorbelastet. Sein Grossvater Konrad aus dem bündnerischen Samedan gewinnt 1946 das Innerschweizerische und ein Jahr darauf das Zürcher Kantonale. Er heiratet eine Luzernerin. «Auf und davon» gibt es auch damals.

Konrad wandert nach Kalifornien aus. Dort kommt Sohn Andreas auf die Welt und im Jahr 2008 auch sein Enkel Paxton. Die Familie lebt in San Francisco am Meer. Im Alter von vier Jahren bestreitet Paxton im kalifornischen Newark sein erstes Schwingfest.

Aber das Leben in San Francisco wird immer schwieriger. «Es gibt viele Obdachlose, es gibt viele Drogen», sagt Paxton. Die Fentanyl-Seuche vor allem auch in San Francisco ist die grösste Drogenepidemie in der amerikanischen Geschichte. «Ich kenne meine Heimat nicht mehr», ergänzt Leah Grass, die Mutter von Paxton.

Bei Heimatferien im Berner Oberland verliebt sich Familie Grass in Brienz, «den schönsten Ort auf der Welt». Und 2019, viele Jahrzehnte nachdem der Bündner Konrad Grass die Schweiz verlassen hat, heisst es für die Familie erneut «Auf und davon». Diesmal in die andere Richtung. Andreas, Leah und Paxton Grass zügeln ins Berner Oberland.

Der kleine Paxton tritt dem Schwingklub Brienz bei. Und macht grosse Fortschritte. Mittlerweile spricht er Berner Oberländer Dialekt, besucht das Gymnasium in Interlaken und möchte dereinst Tierarzt werden. Mit Gardemassen von 1,88 Meter und 105 Kilo hat er unter Anleitung von Schwingerkönig Matthias Glarner auch körperlich enorme Fortschritte gemacht.

Und jetzt tritt der «Auslandschweizer» Paxton in die Fussstapfen seines Grossvaters. Als kleiner Bub hat er in Kalifornien noch bewundert, wie Schwinger wie Christian Schuler oder Mickaël Matthey bei Schwingfesten in den USA aufgetaucht sind. Jetzt steht er ihnen bald im Sägemehl gegenüber.

Sollte ihm ein weiterer Kranzgewinn gelingen, dann dürfte er im starken Berner Verband zu einem Kandidaten für das Eidgenössische werden. «Der Kranzgewinn war mein Saisonziel, das Eidgenössische ist mein Traum», sagt Paxton. 

Im Herbst gehen einige Spitzenschwinger wie Werner Schlegel oder Damian Ott zu Schwingfesten in die USA. Paxton macht die Reise in seine alte Heimat nicht mit.

«Ich habe zwar eine Einladung vom Schweizerklub. Aber ich muss in dieser Zeit in die Schule.»

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