Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Bauer oder König, das ist die Frage

Nach Sinisha Lüscher folgt mit Martin Schönbächler ein zweiter dunkelhäutiger Schwinger mit enormem Potenzial. Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 19:10 Uhr
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Aktualisiert: vor 50 Minuten
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Martin Schönbächler ist eben erst 18 Jahre alt geworden – ihm wird eine grosse Schwingerkarriere vorhergesagt.
Foto: FBI
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Felix BingesserReporter Sport

Pirmin Reichmuth, Christian Schuler oder Mike Müllestein. Grosse Figuren des Innerschweizer Schwingsports sind zurückgetreten. Und die Gerüchte, dass auch Schwingerkönig Joel Wicki seine Zwilchhosen schon sehr bald an den Nagel hängt, die halten sich hartnäckig.

Einer schwingerischen Hochburg gehen die Topleute und Leuchttürme aus. Nicht zuletzt darum verfolgt man in der Innerschweiz aufmerksam, wer vom Nachwuchs in die Lücken stossen könnte, die sich in den letzten Monaten aufgetan haben.

Schaut man sich bei den Jungschwingern um, dann tauchen viele prominente Namen auf. Die Söhne von Martin Grab, Adi Laimbacher, Heinz Suter, Christian Schuler, Mike Müllestein oder Andreas Ulrich.

Einer, dem viele das grösste Potenzial bescheinigen, ist der Einsiedler Martin Schönbächler, der vor kurzem seinen 18. Geburtstag gefeiert hat. Schönbächler ist zwei Meter gross und 110 Kilo schwer. Vor drei Jahren wird er in seiner Kategorie Schweizer Meister im Greco-Ringen. Und im letzten Jahr belegt er beim Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag den zweiten Platz.

Dann kommt der erste grosse Rückschlag. Beim Herbstschwingen 2024 in Unteriberg fällt ihm ein Gegner aufs Gesicht. Der doppelt gebrochene Kiefer muss mit einer Platte fixiert werden. Schönbächler wird um ein Jahr zurückgeworfen.

Jetzt sitzt der junge Mann in der wunderschönen kleinen Arena am Allweg-Schwinget in Ennetmoos. Im Juni ist die Platte aus seinem Gesicht entfernt worden. Nun nutzt er die Chance, zum Saisonausklang noch einige kleinere Feste zu bestreiten.

Martin Schönbächler wird das Schwingen in die Wiege gelegt. Sein Vater Josef gewinnt als Leichtgewicht 1977 bei Eidgenössischen in Basel den Kranz. Mit sechs Jahren versucht sich auch Martin erstmals im Sägemehl. Beim Schwingklub Einsiedeln wird Christian Schuler zu seinem «Schwingervater», wie es Schönbächler nennt.

«Er hat hervorragende Voraussetzungen. Schon mit 14 Jahren habe ich im Training gespürt, was für ein Athlet er ist», sagt Schuler. Die Frage ist nur, wie konsequent Schönbächler nun auf die Karte Sport setzt. «Will er es ganz nach oben schaffen, dann muss er im Training noch konsequenter arbeiten und eine Schippe drauflegen», sagt Schuler.

Schönbächler selber sieht die Sache ganz entspannt und gelassen. Er ist im zweiten Lehrjahr seiner Bauernlehre. Und wird dereinst den elterlichen Hof mit Kühen und Pferden übernehmen. Die Begeisterung für die Tiere und den Bauernbetrieb ist bei ihm mindestens so gross wie die Ambition, dereinst ein königlicher Schwinger zu werden. «Mein Dädi ist auch nicht mehr der Jüngste. Er ist froh, wenn ich bald daheim mit anpacken kann», sagt er dazu.

Die Mutter von Martin Schönbächler stammt aus Kenia. Im Gegensatz zu Sinisha Lüscher, der sich in den Anfängen seiner Karriere über Rassismus im Schwingen beklagt hat, hat Schönbächler diesbezüglich noch überhaupt nie Probleme gehabt. In Afrika, der Heimat seiner Mutter, war er noch nie. Und Sinisha Lüscher, der angekündigt hat, er wolle der erste dunkelhäutige Schwingerkönig werden und der in Mollis einer der Publikumslieblinge war, kennt er nicht persönlich.

Die totale sportliche Fokussierung von Lüscher hat Schönbächler nicht. Die Aussicht, vom «Dädi» den Hof zu übernehmen und sich um die Kühe und Pferde zu kümmern, scheint ihm genauso verlockend wie die Möglichkeit, im Schwingsport Grosses zu erreichen.

Bauer oder König – das ist nicht nur im Schach die Frage. 

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