Hoffen auf Sarina Lienhard
Die Nationalturnerin, die auch Buben besiegt

Das Nationalturnen steckt im Schatten des Schwing-Booms in einer schwierigen Phase. Mädchen wie Sarina Lienhard sorgen für Hoffnung. Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 20:06 Uhr
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Aktualisiert: 20:11 Uhr
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Steinstossen? Kein Problem für Sarina Lienhard.
Foto: Zvg

Eine Woche nach dem Eidgenössischen Schwingfest findet die Schweizermeisterschaft im Nationalturnen statt. Das ist kein Fest der Superlative wie in Mollis, keine rauschende Party mit 400’000 Besuchern wie im Glarnerland.

Es ist ein kleiner, feiner Anlass im Aargauer Provinzdörfchen Villmergen. Auch das Nationalturnen ist wie das Schwingen eine Schweizer Eigenheit mit langer Tradition und grosser Vergangenheit. Der Mehrkampf mit Disziplinen wie Schnelllauf, Steinstossen, Steinheben oder Ringen und Schwingen hat aber seine glorreichen Zeiten hinter sich.

Die neu entdeckte Swissness sorgt nicht überall für einen ungebremsten Popularitätsschub. Vorbei sind die Zeiten, in denen Schwingerkönige wie Karl Meli oder Arnold Ehrensperger auch dem Nationalturnen zu grosser medialer Aufmerksamkeit verholfen haben. Bei den Eidgenössischen Nationalturntagen vor zwei Jahren triumphierte mit Samuel Giger noch ein grosser Name. Zudem prägten Leute wie der Urner Andy Imhof oder Jeremy Vollenweider die Szene.

In Villmergen nun ist der ehemalige Nationalturner «Hausi» Leutenegger als Zuschauer der prominenteste Anwesende. Den Siegermuni schnappt sich sein Thurgauer Landsmann Aron Kiser.

Im Schatten des Schwingsports

Die schwindende Bedeutung des Nationalturnens hat auch Auswirkungen auf den Schwingsport. Die einst prägenden weiss gekleideten Schwinger aus der Turnerszene drohen auszusterben. In Mollis sind mit Jeremy Vollenweider, Matthias Herger und Sven Lang nur noch 3 der 40 Kranzgewinner Turnerschwinger.

Früher waren die Turnerschwinger die polysportiven Musterathleten und die Sennenschwinger die eher tapsigen und schwergewichtigen Bären. Das hat sich mit der Professionalisierung des Schwingsports verändert. Die Spezialisierung hat dafür gesorgt, dass die Spitzenschwinger nicht auch noch Schnelllauf und Steinheben trainieren können. 

Auch darum befindet sich das Nationalturnen in einer schwierigen Phase. Ausserhalb der Hochburgen Ostschweiz und Innerschweiz droht ihm zunehmend ein Mauerblümchendasein. Eine allfällige Anpassung der Disziplinen und noch mehr Anstrengungen im Nachwuchsbereich sollen Abhilfe schaffen.

Ebenfalls auf dem Programm steht die vermehrte Förderung junger Mädchen. Eine davon ist die elfjährige Sarina Lienhard aus Bilten. In einem der Nachbardörfer von Mollis wird vorzügliche Nachwuchsarbeit geleistet.

Und Sarina stellt sich bei der Schweizer Meisterschaft im Sägemehlring unerschrocken den gleichaltrigen Buben entgegen. «Das ist meine grösste Freude. Die ärgern sich wahnsinnig, wenn sie im Ringkampf gegen ein Mädchen verlieren», sagt sie.

Ihr Vater war Nationalturner, ihre zwei Brüder sind Nationalturner. Und auch Sarina, der Sonnenschein dieser Schweizermeisterschaft, hebt neben den Kämpfen im Sägemehl auch den Sechs-Kilo-Stein mit Begeisterung. «Ich mache in der vorgeschriebenen Zeit 28 Hebungen. 16 mit der rechten und 12 mit der linken Hand», berichtet sie.

Vielleicht verhelfen dereinst Mädchen wie Sarina Lienhard dem faszinierenden Nationalturnen zu neuem Schwung im langen Schatten des Schwingsports.

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