Der Sport kann auch gefährlich sein
Bei diesen Schwingern schlug das Schicksal gnadenlos zu

Am Eidgenössischen in Mollis herrscht Jubel, Trubel, Fröhlichkeit. Der Nationalsport kann aber auch seine hässliche Fratze zeigen.
Publiziert: 01.09.2025 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2025 um 13:33 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

Der 22-jährige Schangnauer Bergbauersohn Christian Reber machte sich Ende Juli im Jahr 1911 mit dem Zug auf nach Zürich. Er war in Form und wollte am Eidgenössischen Schwingfest den Kranz gewinnen. Nach sieben Gängen war der talentierte Berner bereits kranzsicher. Das grosse Ziel erreicht. 

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Toni Schillig verfolgt das Geschehen am diesjährigen ESAF.
Foto: Benjamin Soland

Im achten Gang traf er auf den Westschweizer Armand Herzig. Und stürzte derart unglücklich, dass er sich die Wirbelsäule brach. Im Neumünsterspital erlag Reber einen Tag später, dem Nationalfeiertag, seinen schweren Verletzungen. Bei seiner Beerdigung wurde ihm der Kranz, den er gewonnen hatte, mit ins Grab gelegt. 

Die Folgen von Rebers Tod

Der Tod von Reber schockierte nicht nur das Land, auch der Schwingerverband nahm das tragische Schicksal zum Anlass, um eine Hilfskasse für verunfallte Schwinger und deren Angehörige ins Leben zu rufen. Denn immer wieder wird vergessen, wie gefährlich der Kampfsport Schwingen ist. Jedes Jahr kommt es in den Trainings und den Wettkämpfen zu 600 Verletzungen.

Und immer auch wieder zu schweren Schicksalsschlägen. Auch in Mollis sitzen ehemalige Schwinger im Rollstuhl und verfolgen das Geschehen auf den Sägemehlringen. Sie werden vom Schwingerverband alle drei Jahre als Ehrengäste ans Eidgenössische eingeladen.

Toni Schillig nimmt sein Schicksal sportlich

Unter ihnen ist auch der Zuger Toni Schillig. «Es ist wunderbar, dass wir hier eingeladen werden. Die Solidarität auch vonseiten des Schwingerverbandes ist toll», sagt er. Die Faszination für den Nationalsport hat ihn auch nach seinem Schicksalsschlag nicht losgelassen, Groll hegt er keinen und seinen lebensbejahenden Optimismus hat er nicht verloren. «Schwingen ist ein Kampfsport. Das weiss jeder, der mitmacht. Und da gehören Unfälle, wie bei vielen anderen Sportarten, halt dazu.»

In Mollis sympathisiert er mit den Innerschweizern. «Aber noch wichtiger ist, dass es viele attraktive Gänge gibt. Nach dem ‹Guet› des Kampfrichters muss gearbeitet werden», sagt Schillig. Wenn Schwinger nach ihren Zielen für ein Fest gefragt werden, sagen viele: «Am Abend gesund nach Hause fahren.» Schillig weiss, dass es keine Floskel ist. 

Gassers Tod ging unter die Haut

Der traurigste Moment in der Neuzeit des Eidgenössischen geht im Übrigen auf das Jahr 2007 zurück. Der Innerschweizer Peter Gasser klagte in Aarau in der Mittagspause über Unwohlsein und wurde ins nahe gelegene Spital eingeliefert. Kurze Zeit später starb er unter den Händen der Ärzte. Sein Freund Peter Imfeld, mit dem er seit der Schulzeit in Lungern eng verbunden war, brach den Wettkampf ab. Am Sonntagmorgen holte er den vierten Gang vor 50'000 Menschen und tränenüberströmt nach. Und gewann später seinen ersten eidgenössischen Kranz. 

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