Darum gehts
Die labile Schulter
Dass die Schwinger richtig hart im Nehmen sind, hat einmal mehr Karim Gaber bewiesen. Der 22-Jährige mit ägyptischen Wurzeln hatte beim Bern-Jurassischen den ersten Kranzgewinn vor Augen gehabt, als er sich im sechsten Gang die Schulter auskugelte. «Ich dachte, die Welt geht unter und die Saison ist gelaufen», blickte er bei Tele Bärn zurück. Doch ans Aufgeben dachte er nicht. Im Gegenteil. Obwohl die Chancen, sich die Schulter erneut auszukugeln, laut eigener Aussage bei 75 Prozent lagen, stieg er beim Emmentalischen in die Zwilchhosen. «Was willst du anderes?», meinte er. Den guten Saisonstart mochte er nicht wegwerfen. Und er wurde belohnt. In Langnau gabs vier Siege sowie je einen Gestellten und eine Niederlage. Er bodigte etwa Teilverbandskranzer Christian Blaser und Bergkranzer Florian Weyermann. Und hat den ersten Kranz seiner Karriere gewonnen. Wie ist er mit der labilen Schulter umgegangen? «Ich darf nicht dran denken», erklärte Gaber. «Wenn sie wehtut, gehe ich sie einhängen oder lasse sie massieren. Dann gehts weiter.» Ein Rezept mit Erfolg. Und der Beweis, dass er auch in jungen Jahren schon hart im Nehmen ist. Denn Gaber stellte klar: «Schulter raus und dafür ein Kranz? Den Deal hätte ich unterschrieben.»
Eidgenosse Schuler verärgert
Für Christian Schuler (37) könnte jedes Schwingfest das letzte sein. Und doch kämpft der fünffache Eidgenosse noch immer mit der gleichen Leidenschaft wie zu seinen Anfängen. So wie auch im sechsten Gang am Innerschweizer Teilverbandsfest. Der Schwyzer suchte immer wieder die Entscheidung. Einmal brachte er seinen Gegner am Platzrand zu Boden und drehte ihn sofort in Richtung Mitte des Sägemehlrings. Als dieser schon fast auf dem Rücken war, hat der Kampfrichter «halt» gerufen. Die beiden mussten frisch greifen. Kurz darauf endete der Gang gestellt. Und Schuler beschwerte sich am Kampfrichtertisch. Er hat nicht verstanden, weshalb die Szene am Platzrand unterbrochen wurde. Nach dem kurzen Wortgefecht sagte Schuler in Richtung Platzkampfrichter: «Alles gut.» Schliesslich hat er sich soeben seinen fünften Saisonkranz gesichert.
Grosse Ehre für Giger
Der Auftritt von Samuel Giger am Innerschweizer Schwingfest verdient gleich in mehrfacher Hinsicht grossen Respekt. Zum einen wegen seiner sportlichen Leistung. Nach der Startniederlage gegen Pirmin Reichmuth bodigte der Modellathlet die Verteidigungskünstler Nando Durrer und Christian Zemp. Zwei richtig unangenehme Gegner. Am Abend klassierte er sich auf dem guten vierten Rang. Ein Schritt in die richtige Richtung nach seinem bescheidenen Auftritt am Nordostschweizer Teilverbandsfest. Am meisten Aufsehen verursachte aber seine Aktion nach dem Sieg gegen Zemp. Dieser verletzte sich am Ellbogen. Nach der Erstversorgung auf dem Platz hat Giger mitgeholfen, ihn aus der Arena zu tragen. Eine grossartige Geste. Die am Abend bei der Kranzübergabe noch einmal gewürdigt wurde. Giger erhielt mit am meisten Applaus – und das als Gast! Etwas sehr Aussergewöhnliches. Der Thurgauer ist und bleibt ein Publikumsliebling.
«Hallo Mausis»
Auf Social Media sorgt ein Video von König Joel Wicki für Furore. Er begrüsst die Zuschauenden mit «Hallo Mausis», spricht von seinem Heimatort als «Szene isch Sörenberg» und bezeichnet seine Kühe im Stall als «meine Cuties», die «24/7 chillen». Wer den ganzen Clip schaut, dem wird klar, dass es sich dabei um eine Werbung für einen Mineralwasserhersteller handelt. Trotzdem hagelt es Kritik. Ein User fragt auf Facebook: «Hast du eine Wette verloren, Joel?» Ein anderer meint: «Lass das mit dem Englisch sein.» Und noch jemand findet: «Schade, stellt er sich für diesen Quatsch zur Verfügung.» Anders siehts auf Instagram aus. Dort wird Wicki für diesen Auftritt mehrheitlich gefeiert und seine Follower findens lustig. Ob man einen Schwinger, der im Slang der Gen Z spricht, nun lustig oder peinlich findet – die Aufmerksamkeit ist ihm sicher. Bereits knapp 200'000 Leute haben das Video angeschaut. Den Sportkollegen von Wicki scheints zu gefallen. Auf den «Gefällt mir»-Button drückten etwa die Schwinger Remo Käser und Lario Kramer, Freestyle-Skier Andri Ragettli oder Ex-Beachvolleyballerin Esmée Böbner.
Höhen und Tiefen
Vor rund einem Monat musste Sven Schurtenbeger das Ob- und Nidwaldner Kantonale nach vier Gängen abbrechen. Er hatte plötzlich keine Energie mehr. Und sagte danach seine Teilnahme am Urner Kantonalen ab. Nun ist die Energie zurückgekommen. Schurtenberger stieg wieder in die Zwilchhosen – und das am Innerschweizer, beflügelt von einem privaten Erfolgserlebnis. Denn unter der Woche erhielt er das Abschlusszeugnis seiner Ausbildung zum Landwirt EFZ. «Es ist eine riesige Erlösung. Ich hatte Angst, es nicht zu schaffen. Die Prüfungen waren gross und schwer», sagte er zu Blick. Der Start ins ISAF war dann allerdings nicht wunschgemäss, er ist von Jonas Burch aufs Kreuz gelegt worden. Doch Schurtenberger fing sich, reihte drei Siege aneinander. Und erlebte im fünften Gang einen Schreckmoment. Er musste das Duell mit Lukas Bissig unterbrechen, humpelte aus dem Sägemehl und entledigte sich seines Schwinghemdes. Hat sich der Luzerner erneut verletzt? Erst im Herbst 2024 hatte er sich das Kreuzband gerissen. «Ich spürte einen Zwick im Knie.» Die Zuschauer haben sich Sorgen gemacht. Und dann die Erleichterung, als Schurtenberger nach einem medizinischen Timeout zurückkehrte und der Gang fortgesetzt werden konnte. Er verlor gegen Bissig, setzte sich im sechsten Gang gegen Fabian Durrer durch. Und hat seinen 13. ISAF-Kranz geholt.
Die Königs-Favoriten
Während sich Fabian Staudenmann eine Pause gönnt und kurzfristig seine Teilnahme am Emmentalischen abgesagt hat, hats für den zweiten Berner Teamleader die langersehnte Erlösung gegeben. Nach vier zweiten Rängen durfte sich Adrian Walther endlich als Sieger schultern lassen. Er triumphierte in Langnau. Auch König Joel Wicki feierte seinen ersten Saisonsieg. Beim Innerschweizer hat er nach einem Eingriff am Knie und einer einmonatigen Pause sein Comeback gegeben. Und beeindruckt. Die ersten fünf Gänge gewann er mit Plattwurf, bodigte mit Werner Schlegel, Jonas Burch und Matthias Herger drei Eidgenossen. Im Schlussgang stellte er sich mit Pirmin Reichmuth gegen einen weiteren Eidgenossen. Der Zuger zeigte ebenfalls ein gutes Fest – aber ihm fehlten die Maximalnoten. Bei fünf Siegen holte er sich diese nur einmal – gegen Eidgenosse Andreas Döbeli. Dafür gelang ihm gleich im ersten Gang ein Coup. Er hat im fünften Anlauf erstmals Unspunnen-Sieger Samuel Giger bezwungen. Der Nordostschweizer Gast reiste mit dem Kranz nach Hause. Bei der Entscheidung um den Festsieg konnte er nicht mitreden, wurde aber solider Vierter. Einen gebrauchten Tag zog hingegen Werner Schlegel ein. Vor Wochenfrist noch hatte er beim Nordostschweizer triumphiert, verliess nun Seedorf ohne Eichenlaub. Drei Siege, ein Gestellter und zwei Niederlagen sind nicht gut genug gewesen.
Mit den Triumphen von Walther und Wicki haben nun alle Königs-Favoriten in diesem Jahr mindestens ein Kranzfest für sich entschieden.