Darum gehts
TV-Sender zeigt entscheidendes Duell nicht
Schlammschlacht am Oberaargauischen Schwingfest! Der Dauerregen der letzten Tage hatte das Festgelände in eine Sumpflandschaft verwandelt. Auch während der Kämpfe mussten sich die Zuschauer immer wieder die Pelerine überstreifen. Für die hartgesottenen Schwing-Fans kein Problem. Sie sahen dafür alle wichtigen Kämpfe. Im Gegensatz zu den Zuschauern auf TeleBärn. Denn gleich mehrere Duelle der Spitzenschwinger fanden abseits des TV-Platzes statt, darunter auch ein entscheidendes im fünften Gang. Wie Bernhard Kämpf sich mit einem Sieg über Fabian Stucki den Einzug in den Schlussgang sicherte, war nicht zu sehen. Zum Ärger vieler Schwing-Fans. Schuld an der unglücklichen Übertragung war nicht der Regionalsender. Die Einteilung bestimmt, wer auf dem TV-Platz schwingt. Diese hat die Paarungen aus Zeitgründen auf verschiedene Plätze verteilt. Ein Entscheid, der im Nachgang noch zu reden geben wird.
Berner Betreuer verärgert
Es ist eine der grösstmöglichen Hürden, die der Berner David Lüthi (23) für seinen ersten Bergkranz hätte überspringen müssen. Im sechsten Gang trifft er auf das Innerschweizer Aushängeschild Pirmin Reichmuth. Bevor der Kampf beginnt, moniert der Favorit, dass die Zwilchhose seines Gegners zu wenig gut angezogen seien. Der Kampfrichter führt eine zusätzliche Kontrolle durch und widerspricht Reichmuth. Was eine Verwarnung nach sich zieht. Sekunden später beschwert sich der dreifache Eidgenosse erneut. Wieder greift der Kampfrichter an den Gurt von Lüthi. Und noch immer hält er diesen für stark genug angezogen. Als der Kampf endlich beginnt, macht Reichmuth kurzen Prozess mit seinem Kontrahenten.
Zurück am Kampfrichtertisch wird es hitzig. Als Reichmuth mit den Kampfrichtern ins Gespräch kommen will, packt ein Berner Betreuer ihn an der Schulter. «Wenn der Kampfrichter gut sagt, dann zählt das», sagt er zum Innerschweizer und bezieht sich damit auf die Hosen-Szene vor wenigen Augenblicken. Sogleich schreitet der Platzkampfrichter ein. «Du gehst weg», ruft er dem Berner Betreuer zu. Reichmuth reagiert überrascht. Auf die Äusserungen des Berners geht er gar nicht richtig ein. Stattdessen weist er den Betreuer darauf hin, dass er für seinen Geschmack zu nahe am Kampfrichtertisch stand: «Du hast hier nichts zu suchen.»
So plötzlich wie der Ärger entstand, so schnell war er auch wieder vorbei. Nach dem Fest erklärt der Berner Betreuer gegenüber Blick, dass es zu einer Aussprache gekommen sei. «Wir haben uns die Hand gegeben. Es ist alles gut.» Auch die beiden Schwinger haben sich danach unterhalten. Damit war die Sache erledigt.
Moser überflügelt König Wicki
Michael Moser ist erst 19 Jahre alt. Sein Talent ist aber unbestritten. In dieser Saison greift er siebenmal mit einem Eidgenossen zusammen – fünfmal gewinnt er, zweimal stellt er. Beeindruckend ist vor allem, wie er etwa Fabian Staudenmann am Seeländischen platt auf den Rücken legt. Beim Oberaargauischen ist Moser der grosse Sieger, feiert den zweiten Kranzfestsieg seiner Karriere. Vergleicht man diesen Meilenstein mit den letzten Königen, fällt auf: Moser überflügelt zwei von ihnen. Während Kilian Wenger und Christian Stucki jünger als er waren, als sie das zweite Mal geschultert wurden, waren Matthias Sempach und Joel Wicki schon über 20. Wobei Sempach dafür seine ersten beiden Siege bei Bergfesten feierte. Und auch Wicki schon in sehr jungen Jahren beeindruckte – etwa als der Sörenberger mit gerade mal 18 Jahren am Schwarzsee triumphierte. Dort tritt in diesem Jahr auch Moser an. Und könnte seinen ersten Bergfestsieg feiern. Etwas, das nach seinen bisherigen Leistungen alles andere als unrealistisch erscheint.
Tränen bei Staudenmann-Freund
Kurz vor dem Schlussgang spielen sich auf dem Stoos herzerwärmende Szenen ab. Etwas abseits der Sägemehlringe sitzt der Berner Schwinger Nicolas Zimmermann (23) und weint hemmungslos. Kurz darauf stürmen Fabian Staudenmann und Adrian Walther auf ihn zu. Sie umarmen ihren Freund und gratulieren ihm zu seinem ersten Bergkranz. Und das, nur wenige Minuten bevor sich die beiden Berner Teamleader im Schlussgang gegenüberstanden. «Es ist unglaublich emotional. Ich habe den ganzen Winter auf solche Momente hingearbeitet», erklärt der Klubkollege von Staudenmann. Zimmermanns Erfolg ist auch deshalb besonders, weil er zwei Tage zuvor bereits im Einsatz stand. Am Oberaargauischen sicherte er sich am Samstag ebenfalls den Kranz. «Dank der Nervosität und des Adrenalins spürte ich die Müdigkeit nicht so stark.» Das dürfte sich am Dienstag ändern.
Gewöhnungsbedürftige Anpassung bei SRF
Bei einem Schwingfest ist man mit allen per Du – so lautet ein ungeschriebenes Gesetz. Da besteht etwa auch alt Bundesrat Ueli Maurer bei seinem Besuch auf der Schwägalp darauf, dass man ihn mit «Hoi Ueli» und nicht mit «Grüezi Herr Maurer» begrüsst. Beim Schweizer Fernsehen hat man dies bisher ignoriert und wie bei allen anderen Sport-Übertragungen die Athleten gesiezt. Doch nun hat man sich am Leutschenbach umentschieden. «Wir haben eine Anpassung der internen Regeln vorgenommen», erklärt SRF-Kommentator Stefan Hofmänner während der Übertragung des Stoos-Schwinget. «Wir duzen die Schwinger neu, weil es auf dem Schwingplatz die Höflichkeitsform Sie nicht gibt.» Eine Anpassung, die wohl nicht nur bei den Journalisten zumindest zu Beginn gewöhnungsbedürftig ist, sondern auch für die Zuschauer. SRF überträgt in diesem Jahr zehn der elf Teilverbands- und Bergkranzfeste sowie das ESAF.
König Sempach widerspricht Reichmuth
In der Mittagspause tritt Pirmin Reichmuth vors SRF-Mikrofon. Und zeigt sich vor allem über den ersten Gang gegen Matthias Aeschbacher verärgert. Er spricht von einem «huere Gelauer» beim Greifen und meint, er habe «zu wenig Pfupf im rechten Arm» gehabt und sei so nicht richtig in die Schwünge reingekommen. Aber er hätte nichts anders machen können, Aeschbacher habe schlichtweg nicht zugelassen, dass er richtig greifen könne. Stattdessen kritisiert er die Kampfrichter. «Im Regulativ steht klar geschrieben, dass der Gegner gerade hinstehen muss, damit man bis hinten greifen kann. Aber wenn der Kampfrichter nicht imstande ist, da etwas zu sagen, kann ich auch nichts machen.»
Gar nicht mit dieser Kritik einverstanden ist Matthias Sempach. Der König 2013 ist beim SRF als Experte im Einsatz und widerspricht Reichmuth. «Links konnte er immer weiter nach hinten greifen, als er eigentlich dürfte. Im Regulativ steht bis Mitte Bein, das konnte er 100-mal», sagt Sempach. Und fügt an: «Ich habe von ihm auch schon Gänge gesehen – etwa letztes Jahr auf dem Brünig – da hat er auch geschaut, dass die Gegner nicht gut greifen können.» Zwar zeigt Sempach auch ein bisschen Verständnis, Aeschbacher sei nicht ganz gerade hingestanden und das sei ein bisschen Theater gewesen. «Aber bei allem anderen darf er nichts sagen.» Für Sempach ist klar, dass Emotionen zum Sport gehören, aber man dürfe sich nicht aufregen und deswegen Energie verbrauchen. On top gibts einen Rat in Richtung Reichmuth: «Einfach ruhig bleiben und kurz mit dem Kampfrichter reden.»
Nach dem Bergfest spricht Blick den obersten Kampfrichter auf die Szene an. Dieser hat dazu eine klare Meinung. «Da darf keiner von beiden jammern. Es waren beide nicht astrein», sagt Peter Ackermann. Der Vorfall sei unter anderem bei der Schlussbesprechung ein Thema gewesen. «Die Kampfrichter werden darauf getrimmt, solche Mätzchen sofort zu erkennen und entsprechend zu ahnden.»
Die Königs-Favoriten
Joel Wicki muss an diesem Wochenende ungeplant die Rolle des Zuschauers einnehmen. Nach einem Zwischenfall im Training ist beim König ein kleiner operativer Eingriff am Knie nötig. Er muss für den Stoos-Schwinget Forfait geben. Wie er mitteilt, wird mit einer Ausfalldauer von zwei bis drei Wochen gerechnet, wann er sein nächstes Fest bestreitet, ist offen. Andere Königs-Favoriten stehen hingegen auf dem Stoos im Einsatz. Die Berner Teamleader Fabian Staudenmann und Adrian Walther drücken dem Bergfest den Stempel auf. Sie duellieren sich im Schlussgang um den Festsieg – mit dem besseren Ende für Staudenmann. Walther bleibt zum dritten Mal in diesem Jahr «nur» Rang 2. Mehr erhofft hat sich wohl Pirmin Reichmuth. In Wickis Abwesenheit ist er der grösste Innerschweizer Trumpf. Gegen beide Eidgenossen, die er vorgesetzt bekommt, kann er nicht gewinnen. Er stellt gegen Matthias Aeschbacher und verliert gegen Staudenmann. Ihm bleibt am Ende Rang 5.
Samuel Giger überzeugt am Glarner-Bündner mit einigen Blitzsiegen. Eine Unachtsamkeit gegen Armon Orlik kostet ihn das Schlussgang-Ticket. Er unterliegt dem Bündner, kassiert die erste Niederlage in diesem Jahr. Auch Orlik landet erstmals auf dem Rücken. Er wird schon im ersten Gang von Damian Ott gebodigt. Trotzdem kann das Duo mit seinem Auftritt zufrieden sein. Orlik revanchiert sich im Schlussgang an Ott und triumphiert gemeinsam mit dem punktgleichen Giger.