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Wunde mit 16 Stichen genäht
Radprofi leidet Qualen für Kindheitstrauma

Auf dem 118. Rang beendete Willem Smit die Vuelta a Espana. Doch das Ergebnis ist nur zweitrangig. Denn mit der Beendigung der Vuelta konnte Smit ein wichtiges Kapitel in seiner jahrelangen Leidensgeschichte erfolgreich abschliessen.
Publiziert: 16.09.2019 um 18:57 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2019 um 19:47 Uhr
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Willem Smit hat die Vuelta a Espana trotz schweren Sturzfolgen beendet.
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153 Radprofis erreichten an der diesjährigen Vuelta a Espana das Ziel in Madrid. Drei Wochen lang trotzten sie den körperlichen Anstrengungen. Viele von ihnen küssten während dieser Zeit auch mindestens einmal den Asphalt – so auch der Südafrikaner Willem Smit. Nachdem er auf der 7. Etappe stürzte, war er auch auf der 14. Etappe in einen üblen Sturz verwickelt. Dabei zog er sich eine tiefe Fleischwunde unterhalb des Knies zu. Mit 16 Stichen musste die Wunde genäht werden. Die Rundfahrt schien für den Südafrikaner vorbei zu sein.

Am nächsten Morgen stand Smit aber schon wieder an der Startlinie. Seine Berufskollegen staunten nicht schlecht, als sie ihn mit einbandagiertem Knie erblickten. Smits Leidensweg war mit dem Sturz noch nicht vorbei. Im Gegenteil: Er hat gerade erst begonnen. Doch wieso wollte er sich diese Strapazen weiterhin antun? Eine Frage, die auch der Schweizer Steve Morabito dem 26-Jährigen vor Beginn der 15. Etappe stellte. Smits Antwort liegt in seiner schweren Kindheit.

Zerrüttete Familienverhältnisse

Smit wuchs in Südafrika in Lydenburg, der «Stadt des Leidens», auf. Während seiner Kindheit wurde seine Mutter, die Alkoholikerin war, immer wieder von Männern misshandelt. «Ich war sieben Jahre alt, als ich zum ersten Mal miterlebte, wie meine Mutter von einem Mann verprügelt wurde», schreibt Smit auf Twitter. Ein Erlebnis, das ihn prägte.

Noch viel mehr beeindruckte ihn aber die Charakterstärke seiner Mutter. «Obwohl sie immer wieder geschlagen wurde, hat sie nie geweint oder geschrien. Stillschweigend liess sie alles über sich ergehen und rannte nicht davon wie ein Feigling», so Smit.

Obwohl seine Eltern getrennt waren, pflegte Smit auch ein sehr enges Verhältnis zu seinem Vater. Dieser war viel in Kriegsgebieten wie Irak, Afghanistan und Syrien unterwegs. Dort entschärfte er Landminen und half neue Strassen zu bauen. Bei einem Einsatz in Afghanistan kam sein Vater jedoch ums Leben – ein harter Schicksalsschlag für den damaligen Teenager. Mit seinem Vater verlor er auch gleichzeitig sein Idol. «Ich sagte meiner Frau in unserer Hochzeitsnacht, dass ich nie so sein kann, wie es mein Vater war.»

«Man darf kein Feigling sein»

Aus all dem Leid, das Smit in seinen frühen Lebensjahren widerfuhr, schöpfte er jedoch Kraft. Seine Eltern hätten ihm dabei eine wichtige Lektion gelernt: «Sie haben mir aufgezeigt, dass man im Leben kein Feigling sein darf.»

Diese Lektion nahm sich Smit nach seinem Sturz zu Herzen und wollte seine allererste Grand Tour unbedingt beenden. Sechs Etappen musste er mit dem lädierten Knie noch absolvieren. Zwar kam er mit jeder Pedalumdrehung dem Ziel in Madrid etwas näher, jedoch verschlimmerten sich dadurch auch stetig seine Schmerzen.

Smit biss aber die Zähne zusammen und schleppte sich bis in die Hauptstadt Spaniens. Eine Leistung, die im Fahrerfeld viel Anerkennung auslöste. Für Smit selber ist die Beendigung der Vuelta ein grosser Meilenstein in seiner ganz persönlichen Leidensgeschichte. (jk)

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