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Team CCC entlässt Staff und kürzt Fahrer-Löhne
Rad-Schär findet Gehaltskürzungen logisch

Der Radsport steht am Scheideweg. Während die Tour de France einen Plan B ausheckt, leben die Fahrer in Ungewissheit. Auch Michael Schär (33).
Publiziert: 08.04.2020 um 10:13 Uhr
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«Ich hoffe wirklich, dass die Saison irgendwann wieder weitergeht», sagt Michael Schär.
Foto: Getty Images
Mathias Germann

Seit 14 Jahren ist Michael Schär Rad-Profi. Er machte schon einiges mit. So etwas wie jetzt, wo die Corona-Krise den gesamten Sport lahmlegt, aber nicht. «Ich hoffe wirklich, dass die Saison irgendwann wieder weitergeht. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass dies vor August realistisch ist», sagt der 33-Jährige.

Es ist daher nur logisch, dass viele Radrennfahrer – vor allem die jüngeren – um ihre Zukunft fürchten. «Ich fühle mit ihnen mit. Drei Mal ging es auch bei mir gegen Ende der Nuller-Jahre ans Lebendige», so der Luzerner. Schär erlebte dabei ähnliche Probleme, wie sie heute herrschen: Die Hauptsponsoren der Rad-Equipen geraten in wirtschaftliche Not. Seinem aktuellen Team CCC – einer Schuhkette aus Polen – erlebt wegen Corona genau dies. «Derzeit sind alle 1500 Läden zu. Das ist ein riesiges Problem, es gibt keinen Cashflow», so Schär. Bei einer Telefonkonferenz mit dem CCC-Management und dessen Inhaber am letzten Freitag wurde dem ganzen Rad-Team mitgeteilt, dass ein Teil des Staffs entlassen werden muss. Und, dass die Fahrer mit heftigen Lohneinbussen rechnen müssen. «Noch haben wir nicht über Zahlen gesprochen. Wenn es so weit ist, werde ich das prüfen lassen. Für mich ist es aber logisch, dass auch wir Fahrer finanziell Abstriche machen sollten, wenn dadurch Arbeitsplätze gerettet werden können.» Wichtig sei, dass der Fortbestand des Teams nicht in Frage gestellt wird. «Das wurde uns versichert», so Schär.

Auch andere Rad-Profis verzichten auf einen Teil ihres Salärs. So auch der Deutsche John Degenkolb (31) vom Team Lotto-Soudal. Er weiss, was auf dem Spiel steht. «Wenn es den Sponsoren nicht gut geht, kann da unter Umständen auch ganz schnell das Licht ausgehen», sagt er gegenüber spiegel.de. Umso wichtiger sei es, dass die Tour de France (geplanter Start: 27. Juni) auch wirklich stattfinde. Egal wann. «Mein Wunsch ist, dass dieses Jahr die Tour in irgendeiner Art und Weise stattfinden kann. Ich glaube, dass das für uns als Profiteam essenziell ist, um überleben zu können.» Und siehe da: Der Tour-Organisator ASO ist gemäss der spanischen Nachrichtenagentur EFE daran, einen Plan B zu erarbeiten. Dieser sieht eine Verschiebung um fast einen Montag (neuer Start: 25. Juli) vor.

Es sind aber nicht alle Fahrer, die sich Sorgen machen müssen. Einige haben Glück. So auch die drei Schweizer beim französischen Team Groupama-FDJ: Stefan Küng (26), Kilian Frankiny (26) und Fabian Lienhard (26). Der Grund ist klar: Ihre Hauptsponsoren sind ein Versicherungskonzern und die staatliche französische Lotteriegesellschaft. Sie trifft die Wirtschaftskrise nicht gleich hart. Gleiches gilt für die holländische Equipe Jumbo-Visma, die von einer Supermarktkette und einer Firma für Unternehmenssoftware alimentiert wird. Der Schweizer Nati-Trainer Marcello Albasini glaubt nicht an einen Zusammenbruch des Radsports in der heutigen Form. «Die World-Tour-Teams werden wohl überleben. Aber einige der kleineren Mannschaften könnten verschwinden», so Albasini.

Zurück zu Michael Schär. Der Super-Roller will nicht klagen. «Viele Familien müssen derzeit mit Kurzarbeit klarkommen. Und es gibt Entlassungen. Von daher geht es mir nicht schlecht.» Wichtiger sei ihm, dass alle in der Familie gesund sind – auch sein Vater, der mit 70 Jahren offiziell zur Corona-Risikogruppe gehört. Bleibt die Frage: Wo findet Schär die Motivation, um ohne Aussicht auf Rennen zu trainieren? «Das ist kein Problem. Ich liebe meinen Beruf, er ist meine Passion. Klar fehlt etwas, aber so ist es halt.» Er habe sich zuhause einen Fitnessraum eingerichtet, wo er endlich Zeit findet, um an körperlichen Schwachstellen arbeiten kann. «Und ich kann im Gegensatz zu Rad-Profis, die in Spanien und Frankreich sind, draussen trainieren. Alleine, klar. Aber immerhin das.»

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