Die Radsport-Fans können hoffen, dass im Juni doch noch eine Tour de Suisse durchgeführt werden kann. Nicht auf Schweizer Strassen. Die Original-Tour wurde wegen der Corona-Pandemie längst definitiv abgesagt. Doch zumindest für ein digitales Etappenrennen sieht es gut aus.
«Ich hoffe es, dass eine virtuelle Tour kommt. Die Zeichen stehen sehr gut», sagt Olivier Senn zu BLICK. Der Co-Geschäftsführer der Tour de Suisse ergänzt: «Für einen finalen Entscheid ist es aber zu früh. Dieser käme aus einer Euphorie heraus. Spätestens Mitte Mai wollen wir aber entscheiden.»
«Eine sehr coole Sache»
Euphorie herrscht bei den Tour-Organisatoren derzeit wegen der erfolgreichen Durchführung des virtuellen Rennens «The Digital Swiss 5». In fünf Rennen massen sich seit Mittwoch total 200 Fahrer. Sie strampelten daheim auf der Rolle und waren digital miteinander verbunden. Das Programm gab dabei den jeweiligen Widerstand auf die Pedale - angepasst an die reale Topografie.
Das Fazit? «Sehr positiv. Ich glaube, es war eine sehr coole Sache. Wir sind zufrieden. Was den technischen Aspekt betrifft und auch von den Zuschauern her», sagt Senn.
Noch sind die Zahlen nicht alle ausgewertet. «Aber beim zweiten Rennen hatten wir bei der Übertragung auf SRF einen Marktanteil von zehn Prozent.»
Technik-Pannen in Zukunft vermeiden
Senn ist sich jedoch der Probleme bewusst. Mehr als einmal gab es technische Pannen. Mehrere Fahrer blieben beim Start hängen. Bei den Wattmessungen gab es Abweichungen. Man habe aber jeden Tag gelernt und auch am Format geschraubt. «Das Rennen ist geglückt, hat aber auch gezeigt, was es noch zu tun gibt. Wir analysieren jetzt alles und entscheiden dann, ob es eine digitale Tour geben wird.»
Ein Faktor, um die Pannen zu minimieren, seien die Fahrer. Diese machen oft alles allein daheim, da kommt es zu Fehlern. «Doch mit mehr Vorlauf und den Erfahrungen aus diesem Rennen werden wir das in den Griff kriegen», ist sich Senn sicher.
Wichtiger für ihn ist ein technischer Aspekt: Der Windschatten-Effekt war bei «The Digital Swiss 5» mit der Technik von Anbieter ROUVY nicht möglich. Der taktische Aspekt fehlte damit komplett, die Rennen glichen einem Zeitfahren, es ging um pure Tempobolzerei. Für eine komplette Tour mit Gesamtwertung undenkbar.
«Wir sind guter Dinge, dass die Technologie bis zur Tour bereitgestellt werden kann», sagt Senn. Doch es ist eine Herausforderung.
Sind die Rennen überhaupt fair?
Der andere grosse Kritikpunkt: Viele Fahrer fragen sich, ob die Rennen fair sind. Die Powermeter sind etwa nicht überall genau gleich genau eingestellt. Dann gibt es Fahrer, die in klimatisierten Räumen fahren können, andere nicht. «Was man sicher sagen kann: Es waren knallharte Rennen. Und am Schluss lag der vorne, der an dem Tag der Beste war», ist Senn überzeugt. «Ich habe absolut das Gefühl, dass die Rennen fair abgelaufen sind.»
Eine Garantie dafür gibt es aber nicht. Auch gestern nicht. Da holte Rohan Dennis im virtuellen Sedrun seinen zweiten Sieg vor dem Iren Nicolas Roche (+0:12) und dem Dänen Jonas Vingegard (+0:38). Schon im ersten Rennen am Mittwoch hat der Australier triumphiert. Auch zwei Siege holte Stefan Küng. Ein Rennen ging an Roche.
Das Wichtigste für Senn zum Schluss? Man konnte den Fans fünf Tage Live-Sport bieten. «Es ist klar nicht das gleiche wie auf der Strasse. Aber es sind echte Rennen. Das war nicht irgendein Show-Wettkampf, sondern knallhart.»