Als sich das 1400-Seelen-Dorf Heitenried FR im November 2021 an der Gemeindeversammlung für den Bau einer Pumptrack-Anlage aussprach, war die Idee, einen neuen Begegnungsort für Jung und Alt zu kreieren. Niemand im idyllischen Örtchen wäre damals auf die Idee gekommen, dass wegen der neuen Velobahn die erfolgreichste Pumptrack-Fahrerin der Welt nach Heitenried ziehen würde.
Doch das Asphaltband neben dem Fussballplatz ist seit einem Jahr die Heimbahn der Bernerin Christa von Niederhäusern (26). Sie stammt aus Wattenwil BE in der Nähe von Thun und lebt jetzt mit ihrem Freund, ebenfalls vom Pumptrack-Virus befallen, in der ländlichen Fribourger Gemeinde. «Hier in der Region gibt es noch einige Pumptracks mehr, das ist ideal für die Abwechslung der Trainings», sagt sie, als sie auf ihrem kleinen Rad angerollt kommt.
Vollzeit-Job im Spital von Fribourg
Von Niederhäusern ist eine ganz Grosse in einer ganz kleinen Velo-Sparte und hat mit der Mountainbike-WM im Wallis ein riesiges Highlight vor sich. Mit drei WM-Titeln ist die Schweizerin Rekord-Weltmeisterin in der noch jungen Pumptrack-Geschichte – eine Rekord-Weltmeisterin im Nebenjob.
Von Niederhäusern arbeitet Vollzeit als Kinderärztin im Spital in Fribourg. Auch deshalb ist sie nach Heitenried FR gezogen, um für die Wege zur Arbeit und ins Training Zeit zu sparen. Denn das blitzschnelle Velofahren ist nur ein Hobby. Ihre drei WM-Titel hat sie noch als Medizinstudentin geholt. Das Studium schloss sie letztes Jahr ab, dann gings ab ins Berufsleben.
Die Schweiz ist ein Pumptrack-Paradies, immer mehr Anlagen werden eröffnet und als Freizeitvergnügen mit Velos, Kickboards oder Skateboards befahren. Christa von Niederhäusern sagt: «Weltweit bin ich schon auf 125 Bahnen gefahren, alleine 70 davon aber in der Schweiz.»
Die Pumptracks sind geschlossene Rundkurse mit Wellen und Steinwandkurven aus Asphalt. Im Renn-Format geht es darum, alleine eine einzelne Runde möglichst schnell zu bewältigen. Die Pedalen werden nicht benötigt, das Velo wird mit einer pumpenden Körperbewegung in Schwung gebracht, daher der Name.
Die Hatz gegen die Uhr ist physisch anspruchsvoll. Auch wenn eine Runde nur wenige Sekunden dauert, ist die Belastung mit einem Leichtathletik-Sprint zu vergleichen. Im Wettkampf gibts allerdings wenig Erholung, er findet im Cup-System statt. In jeder Runde scheidet die schwächere Tableau-Hälfte aus. Gleichzeitig werden die Intervalle zwischen den Runden immer kürzer, zwischen Halbfinal und Final bleiben nur noch 20 Minuten zur Erholung. (md)
Die Schweiz ist ein Pumptrack-Paradies, immer mehr Anlagen werden eröffnet und als Freizeitvergnügen mit Velos, Kickboards oder Skateboards befahren. Christa von Niederhäusern sagt: «Weltweit bin ich schon auf 125 Bahnen gefahren, alleine 70 davon aber in der Schweiz.»
Die Pumptracks sind geschlossene Rundkurse mit Wellen und Steinwandkurven aus Asphalt. Im Renn-Format geht es darum, alleine eine einzelne Runde möglichst schnell zu bewältigen. Die Pedalen werden nicht benötigt, das Velo wird mit einer pumpenden Körperbewegung in Schwung gebracht, daher der Name.
Die Hatz gegen die Uhr ist physisch anspruchsvoll. Auch wenn eine Runde nur wenige Sekunden dauert, ist die Belastung mit einem Leichtathletik-Sprint zu vergleichen. Im Wettkampf gibts allerdings wenig Erholung, er findet im Cup-System statt. In jeder Runde scheidet die schwächere Tableau-Hälfte aus. Gleichzeitig werden die Intervalle zwischen den Runden immer kürzer, zwischen Halbfinal und Final bleiben nur noch 20 Minuten zur Erholung. (md)
Vom Sport leben können? Von Niederhäusern winkt ab: Ausgeschlossen. Für die WM nimmt sie Ferien. Für die fünf bis sechs Trainings pro Woche in der Bahn oder im Kraftraum im eigenen Keller kommt ihr das Spital beim Arbeitsplan entgegen. Fördergelder gibts als nicht-olympische Sportart keine, die Preisgelder sind klein und grosse Sponsoren drängen nicht in die familiäre Szene.
Auch jetzt nicht, wenn die Exotendisziplin mit der Eingliederung in die Mountainbike-WM erstmals eine grössere Aufmerksamkeit bekommt. In der internationalen Konkurrenz gäbe es vereinzelte Beispiele, die sich mit Influencer-Auftritten ein Nebeneinkommen sichern können. «Aber Filme für Youtube produzieren ist nicht wirklich meine Welt», sagt von Niederhäusern.
Den Sport erobert hat sie auch ohne virale Hits. Ihr erstes WM-Gold gewann sie 2018 in den USA, dann gabs 2019 im Swiss Bike Park in Oberried BE und 2021 in Lissabon WM-Bronze. Ehe von Niederhäusern 2022 in Santiago de Chile und 2023 in Österreich ihre Titel zwei und drei einheimste. Letztes Jahr landete die schnelle Kinderärztin im südafrikanischen Durban auf Rang 6.
«Die perfekte Runde habe ich erst einmal geschafft»
Jetzt will die Rekord-Weltmeisterin das Regenbogen-Trikot auf heimischem Boden zurückholen. Pumptrack ist eine von acht Disziplinen, die an der Bike-WM im Wallis durchgeführt werden. Von Niederhäuserns grosser Tag ist der Freitag in der ersten von zwei Wettkampfwochen (5. September, 16.00 Uhr, freier Eintritt). Auf dem Circuit in Monthey VS hat sie regelmässig trainiert. «Es ist ein riesiger Traum, die Heim-WM zu gewinnen», sagt die Ärztin, «es werden viele Leute wegen mir kommen. Es wäre genial, wenn dann alles aufgehen würde.»
Pumptrack auf höchstem Niveau ist die ewige Suche nach der perfekten Runde, dass die Linie in jeder Steilwandkurve millimetergenau passt, dass jede Welle richtig geschluckt wird, dass das kleine Velo scheinbar schwerelos wird. Von Niederhäusern schmunzelt und sagt: «Die perfekte Runde habe ich in meiner Karriere genau einmal geschafft: An der WM 2023 im Final. Da hat einfach jede Bewegung gepasst, alles war im Flow. Das Streben nach Perfektion macht für mich die Faszination Pumptrack aus.»
Eigentlich kommt die Bernerin vom BMX-Rennsport. Viele in der Szene fahren parallel noch BMX-Rennen. Auch, weil es im Pumptrack keinen Weltcup gibt, sondern lediglich einige wenige WM-Quali-Events. Aber von Niederhäusern verlor den Spass am hektischen Ellbogen- und Crash-Sport, sie konzentriert sich seit zwei Jahren voll auf ihre Paradedisziplin. Mit Erfolg. Jetzt will die Kinderärztin in Monthey ein viertes Mal WM-Gold holen.