Mountainbike-Weltmeisterin Keller über Höhen und Tiefen
«Todesfall im Team war der schwarze Tag der Saison»

In diesem Interview dreht sich alles um die fünf Farben des begehrten Regenbogen-Trikots, das Alessandra Keller seit dem Triumph an der Heim-WM im Shorttrack tragen darf. Die Weltmeisterin spricht über ihre Erfolge, Herausforderungen und Zukunftspläne.
Publiziert: 16:06 Uhr
|
Aktualisiert: vor 11 Minuten
Teilen
Schenken
Anhören
Kommentieren
1/22
Alessandra Keller ergatterte sich an der Mountainbike-WM im Wallis ein Regenbogen-Trikot.
Foto: Keystone

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.

Dieses mythische Trikot wollte Alessandra Keller (29) unbedingt einmal in ihrer Elite-Karriere tragen. Blau, Rot, Schwarz, Gelb, Grün – im Radsport sind das die Farben, die der aktuellen Weltmeisterin oder dem aktuellen Weltmeister gehören. Nach ihrem Sieg an der Heim-WM in Zermatt im Shorttrack trägt Keller das weltmeisterliche Regenbogen-Trikot. Höchste Zeit für ein kunterbuntes Interview mit der Doppel-Doppelgesamtweltcupsiegerin.

Die Fragen an Keller sind blau, rot, schwarz, gelb und grün – los geht es mit den Regenbogen-Fragen an die Regenbogentrikot-Trägerin.

Blick: Wann waren Sie letztmals blau?
Alessandra Keller: Ich bin eigentlich nicht eine, die extrem viel in den Ausgang geht. Ich schätze die Ruhe mit denen, die mir sehr nah sind und den grössten Anteil an diesen Erfolgen haben. 

Als Weltmeisterin haben Sie mehr Termine denn je. Schon mal ans Blaumachen gedacht?
Nein, aber vielleicht bin ich nicht immer ganz pünktlich. Durch den Stress und die vielen Termine kann das schon mal vorkommen.

Die Farbe Blau soll Ruhe und Gelassenheit symbolisieren. Wann kommen Sie nach dem riesigen Weltmeister-Rummel zur Ruhe?
Vor dem Saisonende kommen noch vier wichtige Wettkämpfe. Danach will ich mir aber genügend Zeit nehmen. Nach den Rennen in Übersee habe ich dafür eine Woche Ferien. Dann will ich vor allem meinen Geist erholen. Dafür werde ich ganz viel Zeit mit meinen Liebsten in der Natur verbringen, um wieder Gelassenheit und Kraft zu tanken. 

Blaugefrorene Hände drohen im Winter. Sie haben früher auch Langlauf und Eishockey gemacht. Wie viel Zeit bleibt Ihnen dafür noch?
Da wir den Sport sehr professionell betreiben, gehts trotz Winterpause rasch wieder aufs Fahrrad. Dadurch ist meine polysportive Saison sehr kurz. Aber wenn möglich, bin ich gerne auf den Langlaufski. Aufgrund meines Knies war das in den letzten Jahren zwar leider sehr in den Hintergrund geraten. Doch nun mit dem operierten Kreuzband möchte ich wieder mehr langlaufen.

Alessandra Keller persönlich

Alessandra Keller wurde am 27. Januar 1996 geboren, sie wuchs in Ennetbürgen im Kanton Nidwalden auf. Als Kind probierte sich in Leichtathletik, Eishockey, Schwimmen und Langlauf, später entschied sie sich für den Mountainbikesport. Sie wurde Europa- und Weltmeisterin bei den Juniorinnen. 2018 gelang ihr als U23-Fahrerin der Durchbruch in der Elite mit Siegen im Weltcup und dem WM-Titel. 2022 und 2024 gewann sie die Gesamtwertung im Cross-Country und Shorttrack. Ihren bisher grössten Triumph erlebte sie 2025 an der WM im Wallis, wo sie Gold im Shorttrack und Bronze im Cross-Country holte. Keller lebt heute mit ihrem Partner Nicolas Fischer im Kanton Solothurn. Ihr Vater ist Tunnelbauingenieur und ist beim Bau der zweiten Gotthard-Röhre massgeblich beteiligt. Die Tunnelbohrmaschine ist nach seiner Tochter benannt.

Alessandra Keller wurde am 27. Januar 1996 geboren, sie wuchs in Ennetbürgen im Kanton Nidwalden auf. Als Kind probierte sich in Leichtathletik, Eishockey, Schwimmen und Langlauf, später entschied sie sich für den Mountainbikesport. Sie wurde Europa- und Weltmeisterin bei den Juniorinnen. 2018 gelang ihr als U23-Fahrerin der Durchbruch in der Elite mit Siegen im Weltcup und dem WM-Titel. 2022 und 2024 gewann sie die Gesamtwertung im Cross-Country und Shorttrack. Ihren bisher grössten Triumph erlebte sie 2025 an der WM im Wallis, wo sie Gold im Shorttrack und Bronze im Cross-Country holte. Keller lebt heute mit ihrem Partner Nicolas Fischer im Kanton Solothurn. Ihr Vater ist Tunnelbauingenieur und ist beim Bau der zweiten Gotthard-Röhre massgeblich beteiligt. Die Tunnelbohrmaschine ist nach seiner Tochter benannt.

Wir wechseln zu Rot, die Farbe der Liebe. Welche Rolle hat Ihr Freund Nicolas Fischer bei der WM gespielt?
Nicolas ist jemand, der viel im Hintergrund arbeitet und Sachen macht, die man nicht direkt sieht. Ich wertschätze seine Arbeit extrem. Er ist wie ein unabhängiger Berater. Das macht uns als Team erfolgreich.

Wann konnten Sie sich erstmals alleine mit ihm über den Titel freuen?
Wir hatten noch nicht so richtig Zeit, um es zusammen zu geniessen. Aber die Ferien kommen ja bald. Mit dem ganzen Team konnten wir aber schon anstossen, Nicolas ist ja auch Teil vom Team.

Es gab auch keine gemeinsame Heimfahrt von der Heim-WM?
Nein, er hat noch geholfen beim Abbau in Crans-Montana, und ich bin dann schon nach Hause gefahren zum Erholen. Wir hatten dann aber drei Tage zu Hause und haben das natürlich genossen. Dafür sind wir immer wieder auch sehr dankbar. Wir schätzen das beide mega, was wir zusammen haben. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich. 

Und wann geben Sie sich das Jawort? Ihr seid ja schon seit fünf Jahren ein Paar.
Aktuell haben wir noch keinen Plan, aber das ist auch gut so. Ich glaube, das Wichtigste in unserem Leben ist, dass wir ein gutes Team sind. Das Heiraten kommt dann schon zum richtigen Zeitpunkt. 

Wann herrscht bei Ihnen Alarmstufe Rot?
Hoffentlich selten (lacht). Aber ich bin vom Naturell her ein sehr perfektionistisch veranlagter Mensch. Im Wettkampf musste ich deshalb lernen, etwas ruhiger und gelassener zu sein, damit ich nicht auf Alarmstufe Rot bin, wenn es nicht nach dem Plan läuft. Ausnahmezustand würde herrschen, wenn meiner Familie etwas zustossen würde. Für alles andere gibt es eine Lösung.

Das Regenbogen-Trikot besteht auch aus Schwarz. Sinnbildlich für die dunklen Momente Ihrer Karriere. Was war das härteste Rennen, das Sie je gefahren sind?
Davon hatte ich schon viele. Aber richtig schwarz waren die Jahre 2019 bis 2021. Nachdem ich 2019 beide Hände gebrochen hatte, kam ich ins Übertraining und riss dazu auch noch mein Kreuzband. Somit verpasste ich die Olympia-Quali. Das war die schwerste Zeit meiner Karriere. Aber auch die Jahre, die mich am meisten geformt haben.

Wurde Ihnen schon mal schwarz vor Augen auf dem Bike?
Definitiv, ich muss regelmässig über mein Limit gehen. Vor allem am Anfang der Saison. Wenn ich jeweils wieder mit den Intervallen einsteige, habe ich Blutgeschmack im Mund und bin auch mal etwas benommen. Später in der Saison wird es zwar besser. Aber es ist schon immer wieder so, dass ich mit gekreuzten Augen in die Gegend schaue.

Sie und der ganze Thömus-Rennstall mussten dieses Jahr den Tod von Teammitglied Danilo Cappellari verarbeiten.
Es hat extrem wehgetan, das war der schwärzeste Tag der ganzen Saison. Danilo war so ein gutmütiger und toller Mensch. Ich persönlich konnte es gut verarbeiten, da er uns mitgegeben hat, dass das Leben weitergeht. Somit durfte ich am Tag darauf unter sehr speziellen emotionalen Zuständen auch Schweizer Meisterin werden. Danilo hätte gewollt, dass wir teilnehmen. Später haben wir mit dem Team an der Abdankungsfeier teilgenommen. Es hat geholfen, miteinander zu sprechen, um den Unfall zu verarbeiten. 

Wir wechseln zu Gelb respektive Gold. Wie haben Sie die ersten Tage mit einer WM-Goldmedaille erlebt?
Es war eine intensive Woche. Doch das Team konnte mich gut abschirmen und koordinierte im Hintergrund alles für mich. Ich war drei Tage zu Hause und konnte meinem Kopf und Körper ein wenig Erholung gönnen. 

Ist die WM-Goldmedaille im Shorttrack der goldigste Moment Ihrer ganzen Karriere?
Der Titel ist mir sehr wichtig. Aber es gibt auch andere Erfolge, die elementar für mich waren und mich geformt haben. Zum Beispiel mein U23-WM-Titel oder meine Gesamtweltcupsiege, für die es eine unglaubliche Konstanz braucht. Andererseits ist es auch schön, dass ich am Tag X so abliefern konnte.

Olympiagold in Los Angeles, wie klingt das für Sie?
Grossartig! Olympia ist sicher mein grosses Ziel. Eine Medaille wäre ein Traum, aber bis dahin geht noch viel Wasser den Rhein hinunter.

Die fünfte Farbe ist Grün. Dank Ihrer Erfahrung sind Sie nicht mehr grün hinter den Ohren. Gewisse Sportlerinnen sagen, sie sind mit dem Alter noch mental stärker geworden. Wie sehen Sie diese Entwicklung bei Ihnen?
Der Erfahrungsschatz hilft definitiv. Ich gehe mittlerweile viel gelassener in ein Rennen. Wenn etwas passiert, weiss ich, dass es eine passende Antwort auf das Problem gibt. Trotzdem bin ich ständig daran, mich weiterzuentwickeln. Ausgelernt hat man nie.

Werden die Zahlen auf Ihrem Konto dank Regenbogen-Trikot und neuen Sponsoren nun immer grüner?
Noch nicht, aber es könnten gerne noch ein paar Sponsoren dazukommen. 

Gibts bald grünes Licht für einen besseren Vertrag mit dem Team?
Für nächstes Jahr habe ich noch einen Vertrag. Danach noch nicht, aber es ist ganz klar die Absicht, dass ich bis 2028 bleibe.

Grün ist auch wieder die Startflagge bei den Nordamerika-Rennen. Was liegt dort noch drin?
Ich bin hochmotiviert, nochmals anzugreifen. Ich werde versuchen, wieder an mein Limit zu gehen. Vor allem im Shorttrack-Gesamtweltcup ist schliesslich noch alles offen. 

Was die UCI-Farben bedeuten

Wofür die fünf Farben auf den Regenbogentrikots überhaupt stehen, lernte Alessandra Keller im Interview mit Blick. Wie die fünf Olympiaringe symbolisieren auch die UCI-Streifen die fünf Erdteile unseres Planeten. Der internationale Radsportverband schreibt: «Der Regenbogen verkörpert die weltweite Dimension des Radsports.»

Wofür die fünf Farben auf den Regenbogentrikots überhaupt stehen, lernte Alessandra Keller im Interview mit Blick. Wie die fünf Olympiaringe symbolisieren auch die UCI-Streifen die fünf Erdteile unseres Planeten. Der internationale Radsportverband schreibt: «Der Regenbogen verkörpert die weltweite Dimension des Radsports.»

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen