Stefan Bissegger (21) ist eines der grössten Talente des Schweizer Radsports. Der ehemalige Junioren-Weltmeister in der Einzelverfolgung auf der Bahn gilt auch auf der Strasse als enorm tempofest.
Aber: Auf der Rolle erlebt Bissegger während «The Digital Swiss 5» am letzten Donnerstag einen kleinen Alptraum. Bei seinem Heimrennen rund um Frauenfeld wird der Thurgauer stehen gelassen. «Ein miserabler Tag. Ich mag es sowieso nicht besonders, drinnen zu fahren – und jetzt sogar noch weniger.» Bissegger, wegen seiner starken Physis auch «Muni» genannt, landet letztlich auf Rang 42 (von 56 Fahrern).
«Es fällt mir schwer, das zu glauben»
Doch was ist passiert? Während Stefan Küng (26) alle in Grund und Boden fährt, klemmt bei Bissegger die Technik. Das zumindest ist sein Gefühl. «Die angezeigte Wattzahl auf dem Bildschirm war gut, ich war an meinem Limit. Und trotzdem hatte ich keine Chance – es fällt mir schwer, das zu glauben.»
Tatsächlich sind die Smart Trainer, welche die Fahrer bei der virtuellen Tour de Suisse benutzen, unterschiedlich – in Marke und Modell. «Daraus ergibt sich eine Abweichung der Leistung von bis zu 2,5 Prozent. Das ist bei so einem Niveau enorm», so Bissegger.
Lässt ihn sein Team nach Tokio?
Letztlich hat die Panne keinen Einfluss auf Bisseggers Karriere. Man weiss um sein grosses Potenzial. Das amerikanische Team EF Pro Cycling offerierte ihm 2019 einen Dreijahresvertrag als Profi. Dieser beginnt am 1. August. Doch genau das ist bringt Bissegger die nächste Schwierigkeit. Warum? Eigentlich wollte er bei Olympia 2020 mit dem Bahnvierer eine Medaille holen.
Da die Spiele jedoch um ein Jahr verschoben wurden, ist das Ziel gefährdet. «Ich will meine Bahn-Kollegen nicht im Stich lassen, wir haben jahrelang auf Olympia hingearbeitet. Gleichzeitig habe ich bald einen neuen Arbeitgeber und dieser bestimmt, wann ich wo eingesetzt werde. Es ist eine extrem blöde Situation.»
«Ein grosser Verlust»
Dazu muss man wissen: Während ein Fahrer auf der Strasse primär von seiner Ausdauer lebt, braucht er auf der Bahn neben der wochenlangen Vorbereitung auch die nötige Frische. «Wenn Stefan nicht nach Tokio darf, wäre das ein grosser Verlust», sagt Bahn-Nati-Trainer Daniel Gisiger.
So oder so: Bissegger will nicht klagen. Er hat ein Problem, das andere gerne hätten. «Ich bin froh, dass ich noch vor der Corona-Krise einen Vertrag unterschrieben habe. Heute wäre das so wohl nicht mehr möglich.»