Er möchte wie Gebrselassie werden
Grmay ist der Velo-Exot aus Äthiopien

Leichtathletik-Ass Haile Gebrselassie kennt fast jeder. Und Tsgabu Grmay? Immer mehr. In seiner Heimat Äthiopien ist der Rad-Pionier ein riesiges Vorbild.
Publiziert: 14.06.2017 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:32 Uhr
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Tsgabu Grmay: «Dass ich es geschafft habe, macht mich stolz.»
Mathias Germann (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Tsgabu Gebremaryam Grmay verdient den Titel des «Super-Exoten». Warum? Ganz einfach: Der 25-Jährige ist nicht nur an der Tour de Suisse, sondern weltweit der einzige Radprofi aus Äthiopien. Und ein Pionier. Denn: Nie in der Geschichte verdiente ein Athlet aus dem Binnenstaat im Nordosten Afrikas mit Radfahren Geld. «Dass ich es geschafft habe, macht mich stolz», sagt Grmay.

Inspiriert wurde Grmay, der wie so viele in Äthiopien in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, von Haile Gebrselassie. Also nicht von einem Radfahrer, sondern von einem Läufer. Konkreter: Von einer Leichtathletik-Legende. Wir erinnern uns: In den 90ern dominierte der Mann, der stets zu lächeln schien, die Langdistanzen. Insgesamt holte Gebrselassie 26 Weltrekorde, vier WM- und zwei Olympia-Goldmedaillen.

«Als ich noch ein Kind war, sagte Gebrselassie in einem Interview, dass er keinen Grund sehe, warum wir Äthiopier nicht auch im Radsport gut sein sollten. Schliesslich haben wir gute Gene und Muskeln, sind schlank und ausdauernd. Damit hat er mich angestachelt. Aber ich muss zugeben: Es war ein harter Weg bis hierher», erzählt Grmay.

Hart ist eine Untertreibung: So erlitt Grmay fast einen Schock, als er vor sechs Jahren erstmals in Europa ein U23-Rennen bestritt. «In Frankreich. Es war kalt, nass und über 100 Fahrer drängelten, was das Zeug hielt. Im Ziel sagte ich: Das wars, ich fliege sofort zurück!» Dies machte Grmay jedoch nicht, er biss sich durch. Es sollte sich lohnen.

Familie unter Arme greifen

Heute kann der Fahrer des Teams Bahrain-Merida seiner Familie zu Hause in Mek'ele finanziell unter die Arme greifen. «Es ist selbstverständlich, dass ich das tue», sagt er. Aber: Welche sportlichen Träume hat er? Immerhin erklärte er einst: «Ich will so berühmt wie Gebrselassie werden!» Global gesehen wird ihm dies kaum gelingen. Aber: «Die Kinder in Äthiopien wissen nun: Man kann es auch mit Radfahren schaffen. Dass ich dieses Gefühl auslösen konnte, be­deutet mir unendlich viel.»

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