Das leidvolle Tour-Debüt von IAM-Profi Sébastien Reichenbach
«Ich habe Angst»

Er hat Narrenfreiheit. Und doch fährt Sébastien Reichenbach immer am gleichen Ort – im Gruppetto.
Publiziert: 17.07.2014 um 21:31 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:15 Uhr
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Die 12. Etappe gewinnt der Norweger Alexander Kristoff.
Foto: Keystone
Von Hans-Peter Hildbrand aus Saint-Etienne

Weil der Leader fehlt, kurven die Schweizer des IAM-Teams etwas hilflos über die Strassen der Tour. Die Ausnahme ist der ­routinierte Schweizer Meister Martin Elmiger. «Ich werde nicht gleich nervös, wenn es im Feld rumpelt», sagt der 35-jährige Zuger in seinem 14. Profijahr.

Seit sieben Tagen ist ihr ­Leader Mathias Frank nach seinem Sturz (Oberschenkelhals-Bruch) nicht mehr im Rennen. Hart kämpfen die drei Tour-Neulinge Sébastien Reichenbach (25), Reto Hollenstein (28) und Marcel Wyss (28).

Völlig überfordert ist auf den bisherigen zwölf Etappen Sébastien Reichenbach. Er gibt zu: «Die Tour ist so stressig. So macht Velofahren keinen Spass. Zweimal sei er gefallen, sagt er dem Sittener «Nouvelliste». Aber ans Aufgeben denke er nicht. «Ich spüre immer noch Schmerzen im Oberschenkel. Weil ich nicht voll belasten kann, fehlt mir die Kraft.»

Der Unterwalliser redet von Krieg an dieser Tour de France. «Sofort nach dem Start geht die Keilerei los. Wenn ich zum Pinkeln anhalten muss, habe ich danach zehn Minuten, bis ich wieder im Feld bin.» Zum ersten Mal in seiner noch jungen Karriere – er kam spät zum Radsport – fährt er ein Etappenrennen, das länger als zehn Tage dauert. «Aber ans Aufgeben denke ich nicht. Auch wenn ich im Feld oft Angst habe.»

Er macht an seiner ersten Tour de France eine weitere neue Erfahrung. Er fährt im Gruppetto der abgehängten Fahrer. Die halten zusammen, um mit möglichst wenig Kraftaufwand in der Zeit­limite ins Ziel zu radeln.

Auch Marcel Wyss macht neue Erfahrungen. «Die Etappen am Giro sind viel schwieriger, aber an der Tour fährt das Feld schneller.» Beide brauchen sehr viel Energie, um sich überhaupt im Feld zurechtzufinden. Ein Fabian Cancellara hat es viel einfacher, obwohl er immer mehr den Respekt der jungen Fahrer bemängelt. Wenn er im Feld brüllt, macht sich immer eine Gasse frei. So weit ist im «namen­losen» Team von IAM noch keiner.

Es sind halt keine Haudegen wie etwa der Ami Andrew Talansky (25). Doch der Sieger des Dauphiné hat bitter bezahlt. In Oyonnax hat er sich noch mit 30 Minuten Rückstand auf den Sieger ins Ziel gequält. Er hat geweint, angehalten und minutenlang mit seinem Sportlichen Leiter gesprochen. Talansky habe das Herz eines Champions, sagt sein Garmin-Team. Aber er habe den Kopf eines Deppen, sagt die Konkurrenz. Talansky hat sich als Sprinter in Nancy versucht. Ist immer dort hineingefahren, wo er nichts verloren hat. Die Heimreise ist die Quittung für sein Verhalten.

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