BLICK-Serie zur Tour de Suisse – heute mit Pascal Richard
«Ich stand auf dem Balkon, wollte springen»

Er ist der begnadetste Schweizer Radrennfahrer seit Hugo Koblet. Glänzt mit fast übernatürlichem Gespür für Rennsituationen. Aber nicht für das Leben.
Publiziert: 08.06.2017 um 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:39 Uhr
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Pascal Richard (53) jubelt über Olympia-Gold 1996 in Atlanta.
Foto: EQ Images
Hans-Peter Hildbrand

Es ist der 16. Juni 1999, kurz vor dem Start zur TdS-Etappe nach Lausanne. Pascal Richard (53), der Gesamtsieger von 1994, sagt mit traurigen Augen: «Ich gehe. Für mich hat es nach 14 Jahren keinen Platz mehr im Radsport!» Ein paar Stunden später feiert er seinen 73. Und letzten Sieg.

Pascal Richard (53) ist der begnadetste Schweizer Rennfahrer seit Hugo Koblet. Wenn er will, fährt er alles in Grund und Boden. «Wäre ich nicht Velofahrer geworden, ich sässe längst im Gefängnis.» Als Primarschüler ist er mit dem Auto auf dem Pausenplatz herumgekurvt. «Ich hatte nur einen Fehler», erinnert Pascal Richard (53). «Ich bin kein Deutschschweizer. Die schätzten meine Leistungen. Doch mit der Sprachbarriere konnte ich diese Akzeptanz emotional nicht richtig ausleben.»

Das Olympische Gold 1996 bringt dem sensiblen Romand kein Glück. In den letzten drei Jahren seiner Karriere kämpft er um seinen Lohn. Rund eine Million Franken muss er in seiner Karriere ans Bein streichen – weil er zu gutgläubig war. Und nie die vertraglich fixierte Lohnsumme erhielt: 700'000 Franken fehlten vom Team Festina, 300'000 vom Team Linda McCartney Foods.

Er  findet nur mit grosser Mühe ins zweite Leben. Nach dem Rücktritt steht er vor einem Scherbenhaufen. Scheidung von Claudia, mit der er zwei Kinder hat. Er zieht aus der Villa in Blonay aus. Dann begeht er eine Dummheit.

In der Mailänder Modeszene kommt er 2002 in Kontakt mit einem schwarzafrikanischen Voodoo-Magier. Der verspricht ihm «Banknoten zu vermehren». Der «Geldvermehrer» taucht später bei Richard auf. Doch statt mehr Geld sind die 200'000 bereitgestellten Franken weg.

Richard alarmiert die Polizei. Vom Magier sagt er nichts. Statt dessen flunkert er, es seien ihm auch noch vier Luxusuhren im Wert von 20'000 Franken gestohlen worden.

Er braucht das Geld. Mit seinem Modegeschäft in Montreux ist er pleite. Der Versicherungsbetrug fliegt auf. «Ich hatte alles verloren. Und ich schämte mich, die Wahrheit zu sagen.»

Nach dem Tod des italienischen Radprofis Marco Pantani (2004) denkt er an Selbstmord. «Ich stand auf dem Balkon, wollte springen. Ich überlegte, was mich noch an mein Leben bindet - es waren meine Kinder.»

Vom Radsport hat er jetzt grosse Distanz. «Der Radsport hat mir erst alles gegeben, dann hat er mir alles genommen!» Heute ist er Mitinhaber eines Architekturbüros in Montreux. «Den einen oder anderen Blödsinn bereue ich. Aber mein Beispiel zeigt, dass Spitzensportler auch nur Menschen sind.»

Pascal Richard (53)

Radprofi von 1986 bis 2000.

TdS-Bilanz: Gesamtsieg 1994, Zweiter 1991, 3 Etappensiege, 8 Tage im Leadetrikot

Total 73 Siege, darunter: Olympiasieger 1996, Quer-Weltmeister 1988, Tour de Romandie 1993 und 1994, Lombardei-Rundfahrt 1993, Lüttich- Bastogne-Lüttich 1996, Etappensieger an Giro und Tour.

Radprofi von 1986 bis 2000.

TdS-Bilanz: Gesamtsieg 1994, Zweiter 1991, 3 Etappensiege, 8 Tage im Leadetrikot

Total 73 Siege, darunter: Olympiasieger 1996, Quer-Weltmeister 1988, Tour de Romandie 1993 und 1994, Lombardei-Rundfahrt 1993, Lüttich- Bastogne-Lüttich 1996, Etappensieger an Giro und Tour.

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