Als Schnee und Kälte den Giro zur Hölle machten
Der Tag, an dem starke Männer weinten

Die Geschichte des Giro d'Italia ist gespickt mit heroischen, aber auch tragischen Geschichten. Das miese Wetter war oft daran beteiligt.
Publiziert: 11.05.2019 um 12:53 Uhr
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Die Geschichte des Giro d'Italia ist gespickt mit heroischen, aber auch tragischen Geschichten.
Foto: imago sportfotodienst
Mathias Germann

Italien, das Land der Sonne und Wärme! Tatsächlich? Längst nicht immer. Petrus und gnadenlose Organisatoren peinigten früher die Helden der Landstrasse in regelmässigen Abständen. So mussten die Fahrer oft Schnee, Eiseskälte und den eigenen Schweinehund überwinden.

So auch am 6. Juni 1965 am Passo Stelvio, als sich unglaubliche Szenen abspielen. Weil sich der Schnee meterweise türmt, greifen die Zuschauer zu Schaufeln, um den Fahrern den Weg frei zu machen (siehe Bild ganz oben). Es gelingt mehr schlecht als recht. Bereits zwölf Jahre zuvor wird der höchste Pass in Italien (2757 Meter) erstmals befahren – auch da sind die weissen Massen überwältigend. Und der Zürcher Hugo Koblet, auf Platz 1 im Gesamtklassement liegend, erlebt sein Waterloo. «Er stieg beschwerlich und fiel zusehends zurück», schreibt danach die NZZ. Koblet verliert seinen Mut und viel Zeit, der Italiener Fausto Coppi holt sich den 5. Giro-Sieg – Rekord.

Der Tag, an dem starke Männer weinten

Doch es geht noch noch brutaler. Am 5. Juni 1988 verwandelt sich der Gavia-Pass (2652 m) für die Fahrer in eine weisse Hölle. Zuerst reisst der Holländer Johan van der Veldes am Fusse des Berges aus. Er steigt locker, ist spritzig, sein Tritt rund. Doch der Anstieg zum Gavia-Pass wird im Schneetreiben zum Alptraum, Van der Veldes ist oben nicht mehr als ein Häufchen Elend. Pfleger lupfen ihn, völlig durchnässt und durchfroren, vom Rad. Van der Veldes erreicht das Ziel fast 47 Minuten nach dem Sieger Erik Bruykink (Ho).

Der grosse Profiteur ist aber Andrew Hampsten (USA), der dank spontan gekauften, dicken Handschuhen als einer der wenigen in der Abfahrt nach Bormio noch Gefühl in den Fingern hat – essenziell, um bremsen zu können. Später schrieb er einen Bericht über den damaligen Tag unter dem Titel «The Day the Strong Men Cried» (Der Tag, an dem starke Männer weinten). 

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