Den ersten Teil der Wette hat er schon gewonnen. Vier Tage nach dem Ende der Tour de France wurde Stefan Küng von Blick nach der Ankunft in Tokio mit der Frage konfrontiert, ob es nicht ein Nachteil sei, mit so schweren Beinen und müdem Kopf bei den Sommerspielen anzutreten. «Olympiasieger wird ein Fahrer, der auch die Tour de France bestritten hat», konterte Küng prophetisch.
Der Thurgauer teilt die These nicht, dass einige Profis wie der deutsche Maximilian Schachmann, der extra wegen Olympia auf die Frankreich-Rundfahrt verzichtete, mit dieser Rochade besser in Form sein könnten. «Gerade weil die Tour so krass ist, gibt sie einem diese Extra-Härte, die es auch hier in Japan braucht», meint Küng, «ein paar Tage Erholung reichen, um wieder in Form zu kommen.»
Und tatsächlich, auf dem Olympia-Podest standen nach dem Strassenrennen gleich drei prominente Tour-Fahrern auf dem Podest: Richard Carapaz, Wout van Aert und natürlich Tadej Pogacar. Der Sieger des härtesten Radrennens der Welt war schon früh in Form. Das musste auch Küng schmerzlich feststellen, als der Slowene in der 5. Etappe dem Schweizer-Zeitfahr-König im Kampf gegen die Uhr die Krone klaute.
Neue Weitsicht für Exploit am Fuji
In der vorletzten Etappe sinnte Küng auf eine Revanche und lief richtig heiss – zu heiss. Er liess Pogacar (8.) zwar hinter sich, büsste aber für seinen schnellen Einstieg und landete mit leerem Tank auf dem ärgerlichen 4. Rang. «Ich wollte den Sieg unbedingt und war deshalb übermotiviert», sagte Küng damals und tröstete sich mit einem kleinen Kalauer: «Wenn die Hauptprobe missglückt, wird die Premiere umso schöner.»
Und was ist die konkrete Erkenntnis für das Olympische Zeitfahren? «Nicht zu schnell starten, sonst gehst du kaputt.» Und noch eine wertvolle Weisheit fürs schwüle Wetter von Tokio? «Wenn du in den roten Bereich kommst, bist du tot.» Der 27-jährige Mann aus Wilen hat also die Weitsicht, um auf den 44,2 Kilometern am Vulkan Fuji erst nach der ersten von zwei Runden zu explodieren.