So schwach, wie unter der Führung des deutschen Präsidenten Thomas Bach (62) war das Internationale Olympische Komitee noch nie. Am Montag hat der kanadische Richter Richard McLaren seinen Untersuchungsbericht zum Staatsdoping in Russland vorgelegt. Die Fakten sind erdrückend. Gestern zögert das IOC seinen Entscheid über den Rio-Ausschluss aller russischen Sportler weiter hinaus. Thomas Bach spielt auf Zeit und schiebt den Schwarzen Peter dem Internationalen Sportgerichtshof CAS zu.
Jörg Schild, der Ende Jahr als Präsident von Swiss Olympic abtritt, versteht das nicht. «Das IOC muss in dieser Sache endlich den Lead übernehmen. Wenn all die Vorwürfe stimmen – und davon bin ich nach dem McLaren-Bericht überzeugt –, gibt es nur eines: Das IOC muss Russland ausschliessen! Mich beunruhigen die Situation und das Zögern.»
Machtwort des IOC
Es stehe viel zu viel auf dem Spiel. «Es geht um den gesamten Sport, um dessen Glaubwürdigkeit. Diese Verantwortung kann man nicht mehr an die einzelnen Sportverbände delegieren.» Es brauche ein Machtwort des IOC.
Und der Vorwurf, dass der Bann auch unschuldige Sportler trifft? Schild kontert: «Als Russland 1984 die Spiele von Los Angeles aus politischen Gründen boykottiert hat, war das für die russischen Sportler auch eine Kollektiv-Strafe, damals hat niemand geklagt.»
Auch dass Präsident Wladimir Putin, Sportminister Witali Mutko und sogar Stabspringerin Jelena Isinba-jewa das Ganze als fiese Attacke des Westens gegen Russland abtun, entlockt Schild ein müdes Lächeln: «Diese immer gleiche Reaktion von Russlands Politikern kennen wir doch seit Jahren.»
Schild geht noch weiter: «Wenn das IOC jetzt kein Zeichen setzt und Russland für das Staatsdoping nicht bestraft, hat eine Schweizer Olympia-Kandidatur bei einer Volksabstimmung in unserem Land keine Chance.»