Der Frauen-Final über 800 m ist wohl die umstrittendste Leichtathletik-Entscheidung dieser Olympischen Spiele. Mit Caster Semenya (SA), Francine Niyonsaba (Bur) und Margaret Wambui (Ken) ist ein Trio dabei, das von Natur aus wohl ausserhalb der von der Gesellschaft und vom Sport einst kategorisierten Frauen- oder Männer-Gesellschaft anzusiedeln ist. Auf «neu-deutsch» vertreten sie wohl das dritte Geschlecht.
Im Sport existieren noch keine Regeln, wo sie einzuordnen sind – also laufen sie weiterhin bei den Frauen. Zumindest bis Mitte Juli 2017: Bis dann hat der Internationale Sportgerichtshof dem Welt-Leichtathletik-Verband den Auftrag erteilt, wissenschaftlich klar zu beweisen, dass ein Testosteron-Wert ausserhalb der bekannten Normen für Frauen leistungsfördernd sei. Aber eigentlich ist es in 11 Monaten für einen Entscheid längst zu spät. Oder sollen dann allenfalls Semenya, Niyonsaba und Wambui ihre gestern gewonnenen Olympia-Medaillen wieder zurückgeben?
Damit das Verdikt gegenüber der Konkurrenz nicht zu krass ist
Das Trio läuft auf der Weltbühne Olympias geschickt. Weit unter ihren wirklichen Möglichkeiten – damit das Verdikt gegenüber ihren fünf Mitläuferinnen nicht zu krass ausfällt. Die Welt soll nicht von unmöglichen Zahlen aufgeschreckt werden.
Semenya und Niyonsaba reihen sich deshalb auf der ersten Runde gleich zuvorderst ein und riegeln dort gegen ein zu hohes Anfangstempo ab. Mit ihrer Spurtkaft walzen sie die Konkurrenz auf den letzten 200 Metern auch so noch nieder.
Erste Semenya, Zweite Niyonsaba, Dritte Wambui – das ist also die eine Rangliste. Wenn man weiterliest, steht Vierte Melissa Bishop (Ka), Fünfte Joanna Jozwyk (Pol), Sechste Lynsey Sharp (GB) – mit Zeiten zwischen 1:57,02 und 1:57,69 laufen sie alle, so schnell wie noch nie.
Das Publikum schätzt das Spektakel ebenfalls nicht. Beim Einmarsch zur Siegerehrung gibts ein lautes Pfeifkonzert.