Dass ganze Nationen «freiwillig» auf die Teilnahme bei Olympischen Spielen verzichten, ist nicht neu. 1980 hatten die USA und zahlreiche andere westliche Nationen aus Protest gegen Russlands Politik auf die Teilnahme an den Spielen in Moskau verzichtet. Vier Jahre später waren es Russland und fast der geschlossene Ostblock, die als Rache den Spielen in Los Angeles fernblieben.
Nachdem am vergangenen Freitag der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF am Ausschluss russischer Leichtathleten wegen flächendeckendem Staats-Doping festhielt und am Dienstag das IOC in Lausanne die strenge Haltung der IAAF mehrheitlich unterstützt hat, gibt es aus Russland Überlegungen eines allgemeinen Boykotts der bevorstehenden Rio-Spiele.
Nicht von irgendwo her. Es soll Präsident Wladimir Putins Pressesprecher Dmitri Peskow sein, der davon spricht.
Die Oberen des russischen Sports kontern – noch! Alexander Schukow, Präsident des russischen Olympischen Komitees, wiegelt gegenüber der Nachrichtenagentur TASS ab. Ein Boykott stehe nicht zur Diskussion. Falls Russland die Rio-Spiele wirklich boykottiert, so ist das ein Eingeständnis, dass die schweren Vorwürfe richtig sind.
Vielleicht denken ja Putin und sein Umfeld mit Boykott-Überlegungen bloss an die Zukunft und wollen einem allfälligen Entscheid des IOC von Mitte Juli zuvorkommen.
Denn am 15. Juli wird eine Taskforce, wie zuletzt bei der IAAF in Wien, auch dem IOC ihre Untersuchungsergebnisse vorlegen, rund um Russlands Doping-Praktiken und dem Geschehen im Labor während der Olympischen Spiele von 2014 in Sotschi. Das könnte ja dann Anlass dafür sein, dass die Olympier selbst dem gesamten russischen Sport für die Spiele in Rio der Riegel schieben.
Dann wären auch die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem IOC und der IAAF hinfällig, ob nachweislich «saubere» Russen unter neutraler Flagge oder der russischen in Rio starten dürfen.