Darum gehts
Auf den ersten Blick haben Schauspielerin Anne Hathaway, Multimilliardär Larry Ellison, Yasmine Firmenich Luginbühl aus der feinen Genfer Gesellschaft und Fussballer Kylian Mbappé nichts gemeinsam. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Sie alle sind Teil eines weltumspannenden Netzwerks, das Vermögende, Sportler und Celebritys verbindet. Es ist das Netzwerk des Sail GP, einer neuen Rennserie im Segeln, einer Wasserschlacht der Superlative.
Am kommenden Wochenende macht der Sail GP erstmals Halt in der Schweiz. Vor dem Ufer der Genfer Nobelgemeinde Cologny, wo die Schaltzentrale des WEF über dem Lac Léman thront und die Society in der Société Nautique den Austausch pflegt und im Golfklub über den Gang der Dinge sinniert, duellieren sich ein Wochenende lang Spitzensegler aus aller Welt. Und das in unmittelbarer Nähe des Jet d’Eau, also fast mitten in Genf.
Verbindung von Sport und Luxus
Der Sail GP ist ein Sportereignis der Extraklasse, ein Society-Event der Oberklasse. Und der Sail GP ist ein Business, das die Regeln eines traditionsreichen Sports völlig neu definiert. Er ist Teil der Entertainmentindustrie, die Sport und Luxus immer enger verbindet.
Segeln geniesst im Binnenland Schweiz spätestens seit 2003 mehr als nur eine Nischenaufmerksamkeit. Damals gewann das Team Alinghi des Genfer Milliardärs Ernesto Bertarelli die prestigeträchtigste Regatta der Welt, das Wimbledon des Segelns. Bertarelli holte den America’s Cup in die Schweiz.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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Mit an Bord damals: Skipper Russell Coutts. Kurz nach ihrem historischen Sieg mit Alinghi zerstritten sich Coutts und Bertarelli. Und Coutts heuerte beim Segelteam von Larry Ellison an. Das war zwar nicht die Geburtsstunde des Sail GP, aber so etwas wie der Urknall, ohne den es den Sail GP wahrscheinlich nicht geben würde.
Die sportliche Erfolgsformel: Spektakel plus Spannung
Ausnahmesegler Coutts und Ausnahmeunternehmer Ellison – er war letzte Woche für einen Tag der reichste Mensch der Welt, und er spielt nach einer KI-induzierten Hausse beim von ihm aufgebauten Unternehmen Oracle in der gleichen Liga wie Elon Musk – wollten aber nicht bloss zum Spass oder fürs Prestige segeln, sondern aus ihrem teuren Hobby eine Geldmaschine machen.
Mit dem Sail GP sind sie auf dem besten Weg dazu. Das Geheimnis? Spektakel plus Spannung. Der Sail GP holt die besten Segler der Welt von den Weiten des Ozeans rein in die Städte dieser Welt. Egal ob in Dubai, New York, Saint-Tropez oder Genf: Die Regatten finden in unmittelbarer Ufernähe statt, auf engem, überschaubarem Raum, vor zahlendem Publikum auf Tribünen und in Hospitality-Zonen. Und geboten wird ein Spektakel, das der Segelsport bislang nicht kannte: enge Manöver, hohe Geschwindigkeiten, knallharte Duelle – und ab und an ein veritabler Crash.
Der Sail GP wird nicht ohne Grund mit der Formel 1 – der Königsklasse im Motorrennsport – verglichen. Alle zwölf Teams segeln mit den gleichen Hightechkatamaranen. Diese können bis zu hundert Kilometer pro Stunde schnell sein und fliegen förmlich über das Wasser – auf sogenannten Foils. Die Sail-GP-Boliden schaffen es, mit bis zu vierfacher Windgeschwindigkeit unterwegs zu sein.
50 Millionen Dollar für ein Team
Doch diese Neuerfindung des Segelns als spannender Zuschauersport ist nur die eine Seite von Ellisons Sail-GP-Geschäftsmodell. Da sind noch zwei andere Seiten.
Erstens: das Sponsoring. Mit an Bord als wichtigste Sponsoren sind neben der Schweizer Uhrenmarke Rolex diverse Firmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, etwa die Airline Emirates, der Hafenbetreiber DP World und die Investmentgesellschaft Mubadala, in der Schweiz insbesondere bekannt durch ihre Beteiligung an SR Technics. Die Sponsoren finden beim Sail GP im Gegensatz zu anderen Segelanlässen eine jährlich wiederkehrende, globale Plattform mit einer vielfachen Aktivierung über eine ganze Saison. Und je länger, desto mehr mediale Aufmerksamkeit.
Zweitens gehört es ebenfalls zum Geschäftsmodell des Sail GP, die ursprünglich alle von Ellison finanzierten Teams an neue Eigentümer zu verkaufen. Und das gelingt zu immer höheren Preisen. Die ersten Teams wechselten für rund 5 Millionen Dollar den Besitzer, mittlerweile wird die zehnfache Summe aufgerufen.
Und noch immer steigen neue Teams, die alle unter einer nationalen Flagge fahren, in die Rennen ein und spülen dem Sail GP – der Organisation in London – frisches Geld in die Kasse. Zu hören ist, dass der Sail GP, mittlerweile in der fünften Saison, unmittelbar vor dem Break-even steht. Für eine neue, global agierende Sportserie ist das ein Traumergebnis.
Pro Rennort gibt der Sail GP für den jeweils zweitägigen Event zwischen 3 und 4 Millionen Dollar aus – die TV-Produktion, die der Sail GP wie die Formel 1, die Uefa oder die Fifa selbst verantwortet, nicht eingerechnet. Mittlerweile lässt sich die Firma rund die Hälfte davon von den Austragungsorten finanzieren. Das Saisonbudget der Teams ist bei 10 Millionen Dollar gedeckelt. Die Katamarane – je rund 4 Millionen Dollar teuer und vollgestopft mit Kameras und Sensoren – werden vom Veranstalter gestellt. Das soll sicherstellen, dass die besten Sportler und nicht die tiefsten Taschen gewinnen.
Familie Firmenich als Investor im Schweizer Team
Wem genau das Schweizer Sail-GP-Team zu welchen Anteilen gehört, ist nicht bekannt. Klar aber ist: Die Familie Firmenich von der bekannten Genfer Duftstofffirma gleichen Namens gehört zu den strategischen Investoren. Yasmine Firmenich Luginbühl, bislang eher dem Polosport zugeneigt, sitzt im Verwaltungsrat. Ebenfalls mit im Schweizer Boot ist die Ölfirma Lundin des Schweden Ian Lundin und seines Genfer Geschäftsführers Alex Schneiter. Dessen Sohn Sébastien Schneiter ist der Steuermann. CEO des Schweizer Teams ist Boet Brinkgreve, ein ehemaliger Manager des Genfer Luxusgüterkonzerns Richemont. Brinkgreve ist ein Freund von Schneiter und arbeitete jahrelang im Unternehmen der Familie Firmenich.
Neben Rolex ist der Genfer Ableger der HSBC Private Bank der Hauptsponsor am kommenden Wochenende. Will heissen: Ganz Genf ist beim Sail GP und fürs Schweizer Team dabei. Die Familie Firmenich soll die treibende Kraft gewesen sein, die Serie in die Schweiz zu holen. Alle anderen Austragungsorte der aktuellen Saison liegen am Meer.
Komplett ausverkaufter Event
Die rund 3000 Tickets pro Tag für die Heimrennen von Team Switzerland in Genf kosteten zwischen 90 und 750 Franken. Sie wurden allesamt verkauft. Gemäss dem Westschweizer Wirtschaftsmagazin «Bilan» soll das Gros der Eintritte von Unternehmen aufgekauft worden sein; sie nutzen den Event, um Kader und gute Kunden bei Laune zu halten.
Vor Ort in Genf dürfte auch der im Thurgau wohnhafte Sebastian Vettel sein. Der ehemalige Formel-1-Fahrer ist Mitbesitzer des deutschen Sail-GP-Teams und war bei Testfahrten mit an Bord. Er sagte dazu gegenüber dem «Manager Magazin»: «Beim Wenden habe ich mir manchmal meinen Sicherheitsgurt gewünscht.» Die G-Kräfte seien in den Hightechkatamaranen teils stärker spürbar als im Formel-1-Rennwagen. Beim Sail GP geht es also sowohl auf den Wellen als auch im Business heiss zu und her.