Natascha Badmann, den linken Arm tragen Sie in einer Schlaufe, den rechten können Sie nur eingeschränkt bewegen. Wie lautet die Diagnose der Ärzte?
Natascha Badmann: Genaue Abklärungen werden am Montag in der Cross-Klinik in Basel gemacht. Ein Arzt auf Hawaii sagte mir, Rippen seien gebrochen und meine Schulter sei «auseinander». Ob eine Operation nötig ist, weiss ich erst am Montag. Ich habe am ganzen Körper Schürfungen, besonders am Rücken – darum konnte ich auch nicht eher nach Hause fliegen. Mir wurde aber gesagt, ich solle unbedingt innerhalb von zehn Tagen
abklären, was genau passiert ist.
Sie haben grosse Schmerzen?
Sehr, überall. Die Muskulatur ist an den verletzten Stellen verspannt, ich kann auch den Kopf nicht richtig drehen und nicht alle Wunden sind trocken. Gut, dass der Flug recht ruhig war, ich konnte schlafen, mich auch zwischendurch etwas bewegen, damit ich nicht ganz steif wurde.
Ein Motorrad, dem Sie ausweichen mussten, hat Sie zu Fall gebracht und so vielleicht Ihre Karriere beendet. Hat der Pilot sich bei Ihnen entschuldigt?
Nein, ich habe ihn nachher nicht mehr gesehen. Ich kam mit 65 Stundenkilometern an einer Baustelle angefahren, wo die Fahrbahn von vier auf zwei Spuren reduziert wurde. Der Töff kam von links, mehr weiss ich nicht mehr. Ich bin in einen Kegel hineingefahren, der dann mein Vorderrad blockierte. Ich wurde übers Velo geworfen und muss wohl auf beiden Schultern gelandet sein. Eine Speiche und die Gabel waren gebrochen, der Karbonrahmen hatte einen Riss. Ich bin noch nie schwer vom Velo gestürzt. An meine weitere Karriere kann ich jetzt gar nicht denken, der Unfall bereitet mir seelisch sehr grosse Schmerzen.
Und die sind noch grösser als die körperlichen?
Ja, ich habe für dieses Rennen, das 9 Stunden dauert, einen Riesenaufwand betrieben. Ich habe jedes Detail bis hin zur Ernährung optimiert, ich habe mich so gut gefühlt wie nie zuvor. Ich hatte bei Tests zuvor eine so grosse Freude wie noch nie in meinem Leben. Es stimmte alles. Ich bin so schnell geschwommen wie nie zuvor, ich hatte mich unheimlich gefreut auf den Wettkampf. Es ist eine Verschwendung, dass ich ihn nicht beenden konnte. Es ist wohl für etwas gut, aber ich weiss nicht, für was. Jetzt komme ich nicht mal mehr alleine ins Bett, ich bin immer auf Hilfe angewiesen.
Sie sind mit diesen schweren Verletzungen weitergefahren – warum nur?
Der technische Dienst brachte mir auf mein Bitten ein Ersatzvelo, ein richtig gemütliches. Mir war klar, dass ich den ganzen Tag geweint hätte, wenn ich aus dem Rennen gegangen wäre. Mein Coach und Partner Toni Hasler hat mich dann später gewarnt, bei der nächsten Abfahrt nämlich hätte ich das Velo kaum im Griff gehabt und wäre wohl nochmals gestürzt. Da kann man sich ja denken, was passiert wäre.
Sie wären ohne sein Einschreiten weitergefahren?
Ich war einfach super vorbereitet, alles stimmte. Meine Enttäuschung war unbeschreiblich, ich bin immer noch fassungslos. Es ist ein ganz tiefer Schmerz in mir. Meine abgeschürfte Haut wird nachwachsen, aber meine Seele ist verletzt… Man muss sich nur vorstellen, jeder Muskel in meinem Körper war bereit für den Ironman, ich hatte sogar beide Schultern so trainiert, dass sie harmonisch ausgebildet sind. Das ist ganz selten bei Sportlern. Ich habe sehr viel gearbeitet, um an diesen Punkt zu kommen.
Trotz der Trauer: Haben Sie sich in der vergangenen Woche schon wieder Mut machen können oder auch mal den Gedanken «Jetzt erst recht, ich komme wieder» gehabt?
Es ist schwierig. Toni sagte zu mir, dass ich im Sport schon auf der höchsten Bergspitze gewesen sei. Darum ist das Tal, durch das ich nun muss, relativ tief. Ich darf nun auch nicht undankbar sein. Ich habe mich in Hawaii schon wieder angefangen zu bewegen. Da war so etwas wie Zuversicht. Es ist alles so schade. Ich habe beim Schwimmen zum ersten Mal Delfine gesehen und wollte noch mal an die Stelle, wo sie sind. Aber das ging ja nicht mehr. Ich kann mich ja nicht mehr bewegen.
Sie sind Spitzensportlerin durch und durch. Jetzt kommt eine Zeit, in der sie viel Geduld brauchen. Haben Sie Angst vor der Zukunft?
Es wird nicht einfach. Ich brauche Disziplin und Geduld. Es hat ein Jahr gebraucht, bis ich meine Schulter so ausgeglichen aufgebaut hatte, es braucht alles Zeit. Am Montag weiss ich mehr.
Sie könnten jetzt ein Buch schreiben?
Zeit hätte ich, nur schreiben kann ich in diesem Zustand nicht. Ausserdem bin ich zurzeit zu sehr frustriert und enttäuscht, keine guten Voraussetzungen für ein Buch von mir.
Sie sind am Samstag am Flughafen sehr herzlich mit Blumen und Schoggikuchen unter anderem von Ihrem Fanclub empfangen worden, ein Sponsor hat Ihnen sogar ein Auto geschenkt. Ist das Salbe auf die Wunden?
Auf jeden Fall, der Zuspruch freut mich und lässt den Schmerz kleiner werden, aber er ist immer da. Wenn ich jetzt dann bald für mich alleine sein werde, ich glaube, dann wird es mir überhaupt nicht gut gehen. Ich habe noch gar nicht realisiert, wie schlimm alles ist.
Vorname: Natascha
Geboren: 6. Dezember 1966
Wohnort: Oftringen AG
Grösse: 1,65 m
Gewicht: 52 kg
Hobbys: Hund Siro, klassische Musik, Garten, Rosen und Blumen, Malen, Natur
Zivilstand: ledig, Lebenspartner und Coach: Toni Hasler,Tochter Anastasia (23)
Erfolge: 6 Siege am Ironman Hawaii; 1998, 2000, 2001,2002, 2004, 2005
Ehrungen: Schweizer Sportlerin des Jahres 1998, 2002, Internationale Triathletin des Jahres 2001 und 2002
Vorname: Natascha
Geboren: 6. Dezember 1966
Wohnort: Oftringen AG
Grösse: 1,65 m
Gewicht: 52 kg
Hobbys: Hund Siro, klassische Musik, Garten, Rosen und Blumen, Malen, Natur
Zivilstand: ledig, Lebenspartner und Coach: Toni Hasler,Tochter Anastasia (23)
Erfolge: 6 Siege am Ironman Hawaii; 1998, 2000, 2001,2002, 2004, 2005
Ehrungen: Schweizer Sportlerin des Jahres 1998, 2002, Internationale Triathletin des Jahres 2001 und 2002