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Griechen-Wahnsinn um Federer-Bezwinger Tsitsipas
Gegen Nadal soll er das 9. Weltwunder erschaffen

Griechenland dreht durch. Gegen Federer schuf Stefanos Tsitsipas das 8. Weltwunder, jetzt soll das 9. her.
Publiziert: 24.01.2019 um 09:14 Uhr
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Stefanos Tsitsipas ist das grosse Thema in Griechenland.
Foto: Getty Images
Cécile Klotzbach
Cécile KlotzbachSport-Redaktorin

Stefanos Tsitsipas füllt seit Montag die Titelseiten Griechenlands. «Big Thing» titelt «Sportday» riesig – der Achtelfinal-Sieg gegen Roger Federer ist in der Heimat des auf Zypern wohnhaften, 20-jährigen Atheners in Wahrheit mehr als eine grosse Sache. «Das 8. Weltwunder» fordert eine andere Zeitung eine Neuauflage des antiken Skripts Herodots. Comics zum neuen Herkules, dem Gott der Athletik und Stärke, sind gezeichnet. «Tsitsipas hat Federer geschlagen – ja, er hat Federer tatsächlich geschlagen!»

Und nach dem Schweizer auch Roberto Bautista Agut (ATP 24), womit Tsitsipas im Halbfinal steht. «Der neue König ist ein Grieche», lassen ihn Medien der wirtschaftlich gebeutelten Nation weiter hochleben. Zu hoch womöglich. Für einen jungen Mann, der gerade erst dem Teenager-Alter entwachsen ist, scheint es eine grosse Bürde, ganz Griechenland auf den Schultern zu tragen.

Und damit nicht genug: Vier Tage nach seinem Wunderwerk gegen Federer soll Tsitsipas nun erneut Übermenschliches leisten. Gegen Rafael Nadal. Die spanische Weltnummer 2 wirkt mit frisch geschliffener Aufschlag-Waffe – er eignete sich auf Anraten seines Coaches Carlos Moya einen neuen Bewegungsablauf an – schlicht bestechend. Und nach dreimonatiger Pause vor allem ganz gesund.

«Es wäre das ultimative Turnier»

Nach seinem letzten Erfolg nimmt der neue Herkules die Herausforderung heroisch an. «Ich habe gezeigt, dass mein Sieg gegen Roger kein Zufall war.» Sein grosses Jahresziel, sich für einen Grand-Slam-Halbfinal zu qualifizieren war einmal: «Es war das Minimalziel, es ist nur der Anfang!» Letzten Herbst in Toronto habe er vier Top-Ten-Spieler in Folge geschlagen (Thiem, Anderson, Zverev und Djokovic). Warum also nicht auch hier in Melbourne Federer, Nadal und dann vielleicht wieder Djokovic? Tsitsipas: «Es wäre das ultimative Turnier.»

Nicht auszudenken, was das zu Hause auslösen würde! Schon nach dem Federer-Coup wurde er mit Griechenlands NBA-Star Giannis Adétocunbo auf gleiche Stufe gestellt. Die Anzahl Follower auf seinen Kanälen in den sozialen Medien hat sich mehr als verdoppelt. Der langhaarige Wilde wird zur Ikone der Jugend – und bei ihm hagelt es Gratulationen griechischer Prominenz. Darunter auch vom parlamentarischen Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis.

«Ich habe meinen Einfluss in meinem Land verstanden», konstatiert Tsitsipas in Melbourne. «Ich bin stolz darauf, Grieche zu sein.» Im zweiten Halbfinal ist mit dem Franzosen Lucas Pouille (24) ein zweiter Neuling vertreten. Er setzt sich gegen Milos Raonic durch und trifft auf Novak Djokovic.

Rafa ohne Satzverlust im Final
Nadal zeigt überfordertem Tsitsipas in Melbourne die Grenzen auf

Das griechische Märchen nimmt ein abruptes Ende! Rafael Nadal ist für Stefanos Tsitsipas’ Halbfinal-Grand-Slam-Premiere eine Nummer zu gross. Der Spanier zerhackt den aktuellen Helden der neuen Generation 6:2, 6:4, 6:0.
Publiziert: 24.01.2019 um 11:25 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2019 um 12:58 Uhr
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Rafael Nadal steht im Final der Australian Open.
Foto: AFP
Cécile Klotzbach aus Melbourne

Gegen Roger Federer wirkte der 20-jährige Leader der neuen Generation noch wie ein junger, wilder Bulle, der Blut geleckt hatte. Gegen den «Stier von Manacor» mutiert er zum verzweifelten Lämmchen. Das hat zwei Gründe: Zum einen kann das griechische Wunder sein Niveau, das er trotz grossen Vorschusslorbeeren bis in den Halbfinal halten konnte, nicht mehr abrufen. Zum anderen ist sein heutiger Gegner schlicht zu stark.

Nadal steht ohne Satzverlust im Final
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Tsitsipas überfordert:Nadal steht ohne Satzverlust im Final

Tsitsipas hächelt von Beginn weg hinterher. Im ersten Satz kassiert der neue griechische Nationalheld zwei Breaks, nach gut einer halben Stunde liegt er 2:6 hinten. Nadal hingegen spaziert durch seine Aufschlaggames, in denen er zu 100 Prozent mit dem ersten Aufschlag punktet! Keine Frage: Der neue Service-Bewegungsablauf, den er sich auf Anraten seines Coaches Carlos Moya erlernt hat, ist äussert effektiv.

Satz 2 beginnt bis zum 4:4 ausgeglichen. Doch Nadal zieht weiterhin seine Service-Games im Express-Tempo durch. Tsitsipas tritt zwar etwas mutiger, zuweilen aber auch zu fehlerhaft auf: Das vorentscheidende Break zu Nadals zweitem Satzgewinn fällt zum 5:4. Dann ist das 6:4 perfekt.

Das erste Break in Satz 3 fällt umgehend – wieder zugunsten des Mallorquiners. Und damit ist jeglicher Widerstand des Youngsters gebrochen. Bei 0:5 kommt er zwar noch zu seinem ersten Breakball. Aber schliesslich endet das Griechen-Märchen doch ultimativ brutal – 6:0!

Tsitsipas erwischt beinahe Ballmädchen
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Halbfinal am Australian Open:Tsitsipas erwischt beinahe Ballmädchen

Es ist unglaublich: Nadal hat in drei Sätzen nur 12 Punkte bei eigenem Service abgegeben! Die Ernüchterung nach dem Tsitsipas-Taumel der letzten Woche ist gross. Der Stier hat Hackfleisch aus dem Lämmchen gemacht. Keine Frage: Der Finalgegner – ob Lucas Pouille (Fr) oder die serbische Weltnummer 1 Novak Djokovic (morgen um 9:30 Uhr Schweizer Zeit), der hier den siebten Rekordtitel anstrebt – müssen sich auf was gefasst machen.

Das Platz-Interview mit John McEnroe

Rafa, kannst Du noch besser spielen?
«Ich hoffe, ja.» Die Fans lachen... «Die Leute hier haben mir diese unglaubliche Energie gegeben.»

Du schlägst hier De Minaur, Tiafoe und Tsitsipas – hast du irgendeine Message an diese Youngsters?
«Die brauchen keine Message von mir. Sie sind eine junge, tolle, neue Generation und ich wünsche ihnen allen eine sehr erfolgreiche Karriere!»

Gewinnt Stefanos noch ein paar Grand-Slam-Turniere?
«Ich bin bestimmt nicht der, der nein sagt. Ich bin sicher und hoffe, das ich noch oft in wichtigen Matches auf ihn treffen werde.»

Willst Du mit diesen Ärmellosen Shirts eigentlich Deine Gegner einschüchtern?
«Nein, das ist mir beim Schlagen angenehmer. Ich wechselte ja mal ein paar Jahre zu den normalen. Aber ich denke, diese lassen mich wieder jünger aussehen.»

Jetzt hast Du zwei Tage frei – wirst Du am Donnerstag den Halbfinal zwischen Pouille und Djokovic ansehen?
«Natürlich ist Novak der grosse Favorit. Aber im Tennis-Match kann immer alles passieren – ich freue auf den Halbfinal.»

Schlussworte McEnroe: «Du gibst immer die richtigen Antworten, Rafa. Ich finde, Du sollst in die Politik gehen!»

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