Es ist heiss und laut an diesem Mittwochabend im vorarlbergischen Möggers, unweit der Schweizer Grenze. Unzählige Motocrosser drehen hier eifrig ihre Trainingsrunden. Mittendrin geben drei kräftig Gas, pflügen sich stilsicher durch den Dreck und setzen bei den Sprüngen zu spektakulären Höhenflügen an.
Als sie während einer Pause ihre Helme abziehen, ist für Aussenstehende die Überraschung gross, denn es kommen drei junge, zierliche Frauen zum Vorschein: Katja (24), Nina (21) und Michelle Zünd (18). Seit 2015 starten die drei Schwestern aus dem St. Galler Rheintal im Schweizer Ladies Cup.
Frauen, die die Männerdomäne Motocross aufmischen? Grossartig! Drei Schwestern, die das gemeinsam tun? Einzigartig! «Schuld» daran ist ihr Vater Walter. Er war früher selber ein Motocrosser. Die Regel im Hause Zünd war klar: Sobald die Mädchen ohne Stützräder Velo fahren konnten, gings ab auf den Mini-Töff. Das war bei allen drei im Alter von vier Jahren der Fall.
Längst dreht sich in der Familie Zünd alles um den Offroad-Sport. Alle drei Töchter haben einen Motocrosser als Freund. An fast jedem Wochenende geht es an ein Rennen. Und auch der Vater trainiert noch heute regelmässig. Muss man deshalb Mitleid mit Mama Doris haben? «Nein», sagt sie in Möggers lachend, während ihre drei Töchter wieder ihre Runden drehen. «Ich war zwar eine Leichtathletin, doch ich kenne es nicht anders.»
Auch Mama Doris wurde schon vor Jahren mit dem Motocross-Virus infiziert. Wenn die Zünds mit Wohnmobil und Anhänger zu den Rennen fahren, ist Doris die Köchin und die gute Seele der Familie. Und manchmal auch die Psychologin.
So wie vor drei Jahren in Dänemark. Damals kam es zu einem Crash zwischen Katja und Nina. «Die Schuldfrage ist bis heute gelegentlich noch ein Thema, aber geklärt ist sie immer noch nicht», sagen die zwei Involvierten lachend.
Dass die drei Schwestern gegen Frauen kämpfen, sei aber angenehm. «Früher fuhr ich auch regelmässig gegen Jungs», erklärt Katja, «doch die sind jung und wild und wollen auf keinen Fall eine Frau vorbeilassen. Deshalb fahre ich lieber gegen Frauen.»
Katja Zünd: Die Ehrgeizige
Geboren: 11. März 1993
Beruf: Sportlehrerin
Schlimmste Verletzung: Schien- und Wadenbeinbruch, Gehirnerschütterung
Das fasziniert mich am Motocross: «Die Sprünge! Diese perfekt zu erwischen, ist eine coole Herausforderung.»
Nina Zünd: Die Soziale
Geboren: 7. August 1995
Beruf: Beginnt im Herbst ihr Pflegestudium
Schlimmste Verletzung: Oberarmbruch
Das fasziniert mich am Motocross: «Dass es eine Sportart ist, die nicht jeder macht.»
Michelle Zünd: Die Draufgängerin
Geboren: 14. September 1998
Beruf: Tiermedizinische Praxisassistentin in Ausbildung
Schlimmste Verletzung: «Zum Glück blieb ich bislang davon verschont»
Das fasziniert mich am Motocross: «Die Strecken verändern sich dauernd. Das ist nicht wie beim Fussball, wo das Tor immer am gleichen Platz steht.»
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Diese Schweizerin mischt die WM auf
Während die Zünd-Schwestern vorwiegend in der Schweiz starten, reist Virginie Germond (28) in der ganzen Welt herum. Die Genferin ist die einzige Schweizer Profi-Motocrosserin und bestreitet seit 2010 die WM. Nach drei von sechs Läufen liegt sie momentan auf Platz 10 der Gesamtwertung.