Die Sonne brennt vom Himmel, und auch für Dominique Aegerter (26) gibt’s wieder Licht am Horizont. Der riesige Wirbel um seinen überraschenden Teamwechsel und die Freistellung wegen «Vertrauensbruchs» im Schweizer CarXpert-Team hat sich gelegt, auch wenn er in Valencia (Sp) beim Saisonfinale nochmals zum Zuschauen verdammt ist.
Aber tatenlos bleibt der frisch aus der Sportler-RS angereiste Rekrut nicht, als er am Samstag in Zivilkleidung an der Rennstrecke erscheint. Das grosse Kennenlernen mit seinem neuen Team Leopard-Kiefer ist angesagt! Aegerter: «Es ist ein völliger Neuanfang. Den habe ich gebraucht. Jetzt muss ich alle und alles kennenlernen.»
Als erstes geht der Oberaargauer in die Box des deutschen Teams aus Bad Kreuznach. Dort trifft er die Mechaniker, die bald an seinem Motorrad schrauben werden. Dann gibt’s Mittagessen.
Domi sagt rasch dem italienischen Koch Hallo. Vor der Quali lernt er auch noch Danny Kent und dessen hübsche Freundin kennen, der Brite wird sein Teamkollege.
Dann treffen sich Aegerter und sein Manager Robert Siegrist mit der Teamführung. Es sind die beiden Brüder Jochen und Stefan Kiefer. Jochen wird auch Domis Chefmechaniker. Klar, dass Deutsch gesprochen wird.
«Hier herrscht Aufbruchstimmung»
Jochen Kiefer sagt zu SonntagsBlick: «Es wird für uns alle einfacher. Es ist das A und O, wenn man sich ordentlich verständigen kann. Ich brauche einen Fahrer, der mir einfach nur gut schildern muss, was er draussen auf der Strecke spürt. Das kann Domi perfekt.»
Aegerter spürt: Hier herrscht Aufbruchsstimmung. Seine Vergangenheit im alten Team war französisch geprägt. Die Zukunft ist deutsch. «Ich habe es auch in meinem alten Team gut gehabt. Aber bei der Mentalität gibt es schon einen grossen Unterschied», sagt er.
Die Ironie des Schicksals will es, dass in Valencia die temporären Gästebewirtungs-Aufbauten seines alten und neuen Teams direkt nebeneinander stehen. Domi: «Kein Problem. Ich habe drüben alle begrüsst, auch Corminboeuf. Die Mechaniker wollten wissen, wie es im Militär ist.»
Sein alter Teamchef Fred Corminboeuf giesst auch nicht weiter Öl ins Feuer. «Es ist, wie es ist. Ich bin schliesslich auch wegen Domi hier», sagt der frühere Fitnesscoach, der über Aegerter in den Töff-Sport kam.
Eigentlich stört Domi bei seinem neuen Leben nur eines: «Es ist schon noch eine grosse Enttäuschung, dass ich hier nicht mitfahren darf.» Aber er ist trotzdem gut drauf. Die neue Chance bei Kiefer machts möglich. Und dazu geht es seinem Vater Fere nach der Hirnblutung wieder besser. Die Sorge um seinen Papa hatte ihn zuletzt neben dem Wirbel um das Team und seiner Schulterverletzung zusätzlich belastet.
Jetzt brennt der Rekrut darauf, mit dem neuen Team zusammenzuarbeiten. Nächsten Mittwoch und Donnerstag wird man bei Testfahrten in Jerez (Sp) erstmals gemeinsam auf die Strecke gehen. Das 2017er Modell von Töff-Hersteller Suter, das Aegerter unbedingt statt einer Kalex haben wollte, steht bereit. Domi: «Ich hoffe, dass ich bald mein Gefühl für das Vorderrad wieder finde.»
Noch muss sich Domi gedulden. Wenigstens versüssen ihm in Valencia die Gridgirls des neuen Teams die Wartezeit.