Es war ein Erdbeben in der Schweizer Töff-Welt. Dominique Aegerter (26) unterschrieb im Oktober für 2017 aus dem Nichts beim deutschen Leopard-Kiefer-Team. Daraufhin stellte ihn Noch-Teamchef Fred Corminboeuf wegen «Vertrauensbruchs» für die letzten vier Rennen frei. Jetzt redet Aegerter-Manager Robert Siegrist vor dem Saisonfinal in Valencia (am Sonntag) über die Hintergründe.
Sie sind Anwalt. Hätten man gegen die Freistellung vorgehen können?
Robert Siegrist: Gerade weil ich Anwalt bin und Leistungsportler (Judoka, d. Red.) war, stellte sich diese Frage nicht. Dies hätte sein langjähriger Förderer Olivier Métraux nicht verdient. Der Sportler steht im Mittelpunkt. Es war wichtig, einen klaren Schnitt zu machen. Die Reaktion des Teams ist der beste Beweis dafür, dass unsere Entscheidung richtig war.
Das Team ging davon aus, dass Aegerter bleibt.
Es lag nie ein schriftliches Angebot vor. Domi hat seine Abwanderungswünsche gegenüber dem Team immer klar kommuniziert. Aber als es im Sommer mit dem deutschen Dynavolt-Team nicht klappte, schient er keine andere Wahl zu haben, als zu bleiben. Er konnte nur noch zu allem nicken, was ihm gesagt wurde. Unter diesen Umständen einen Vertrauensbruch abzuleiten, ist völlig fehl am Platz.
Ihm wurde gesagt, er muss weiter einen Kalex-Töff statt der gewünschten Suter fahren?
Das wurde ihm entgegen einem früheren Versprechen aufgezwungen. Er hätte wieder einen Mechaniker in der Box gehabt, den er nicht wollte und der vor zwei Jahren abgeschoben wurde. Und er hätte seinen eigenen Technikchef suchen müssen! Lächerlich. Das ist wie wenn beim FCZ der Spieler Schönbächler einen Nachfolger für Trainer Forte suchen müsste. In dieser Situation hat mich Domi wieder um Hilfe gerufen.
Sie hatten sich im August als Manager zurückgezogen.
Ich bin 61, ich wollte kürzertreten. Zu diesem Zeitpunkt schien Domi ja im Team zu bleiben. Und ich wollte ihm genug Zeit geben, einen neuen Manager zu suchen.
Warum brauchte Aegerter dann sofort Hilfe?
Er fühlte sich im Team nicht mehr willkommen. Das Vertrauensverhältnis ist schon lange sukzessive schlechter geworden. Domi wollte sich unbedingt abnabeln und das ganze Drumherum wurde ihm zu viel. Ich habe dann mit Eskil Suter (Töff-Hersteller aus Turbenthal, d. Red.) den Platz bei Leopard-Kiefer gefunden.
Dann die Freistellung.
Das war eine unsportliche Reaktion, reines Machtgehabe von Team und Umfeld. Wenn das jedes Team so machen würde, ständen Ende Saison 30 Prozent weniger Fahrer auf der Startaufstellung.
Aegerter verlässt aber auch Förderer Olivier Métraux, der seine Karriere ermöglichte.
Dank Olivier Métraux steht er da, wo er ist. Ich verstehe, dass Herr Métraux persönlich sehr enttäuscht ist. Das ist, wie wenn ein Sohn von zu Hause auszieht. Ein schwerer Moment. Doch ich habe nach seinem Auszug meinem Sohn auch nicht vorgeworfen, was ich in seine Ausbildung investiert habe. Domi hat in seinen über 160 Rennen viel gebracht, sportliche Erfolge und eine riesige Medienpräsenz. Ausserdem sind wir dem Team 2014 sehr entgegengekommen.
Was war damals?
Wir hätten in die MotoGP zu Pramac-Ducati wechseln können. Doch wir sind geblieben, weil uns ein neues Sponsorenkonzept versprochen wurde. Erst nach der Unterschrift kam aus, dass es ein neues Dreier-Team mit Tom Lüthi geben wird.
Flüchtet Aegerter nicht einfach vor dem erfolgreichen Lüthi?
Nein, gar nicht. Zu Tom pflegt er ein sehr gutes Verhältnis. Grund ist das mangelnde Vertrauen in sein Team, vor allem in seinen Teamchef Fred Corminboeuf. Das ist keine Schuldzuweisung, aber die «Ehe» ist seit langem zerrüttet. So lassen sich aus Sicht von Dominique keine Erfolge einfahren.
Wird Aegerter 2017 erfolgreich sein?
Das werden wir sehen. Das liegt nun an ihm. Er braucht diesen Neustart. Der erste Test auf der neuen Suter war schon mal gut. Ich erhoffe mir eine Saison wie 2014 (WM-Fünfter, d. Red.). Das neue Team gibt ihm grosses Vertrauen. Das ist eine Basis.