Darum gehts
- 17-jährige Synchronschwimmerinnen gewinnen historische Silbermedaille
- Anfängliche Rivalität entwickelte sich zu starker Teamchemie und Erfolg
- 25 Stunden wöchentliches Training, fünf bis sechs Mal pro Woche
Das muss ihnen zuerst mal jemand nachmachen. Melody Halbeisen und Aimée Michel sind gerade einmal 17 Jahre alt und haben schon Schweizer Sportgeschichte geschrieben. Beim World Cup in Paris Anfang März konnte sich das Artistic-Swimming-Duo, neudeutsch für Synchronschwimmen, die Silbermedaille sichern. Das gabs noch nie. An einem Weltverbandswettkampf gabs zuvor noch nie eine Schweizer Medaille im Team.
Dieser Erfolg ist für die beiden Schülerinnen alles andere als selbstverständlich, denn als die beiden sich das erste Mal trafen, konnten sie einander nicht ausstehen. «Anfangs hatten wir es gar nicht gut miteinander», erzählt Michel und ihr Lachen verrät schon, dass das jetzt anders ist. «Ich glaube, das war einfach der Konkurrenzkampf zwischen uns damals. Vielleicht stand uns unser Stolz ein wenig im Weg», stimmt auch Halbeisen schmunzelnd zu. Jetzt, sieben Jahre, nachdem sie von den Trainern als Duo eingeteilt wurden, verstehen sich die beiden blendend.
Maximal mit Rang 3 gerechnet – es wurde Rang 2
Das ist auch besser so, denn sie verbringen mindestens 25 Stunden in der Woche zusammen im Wasser, im Krafttraining und bei Beweglichkeitsübungen. Fünf bis sechsmal die Woche trainieren Halbeisen und Michel zusammen im Berner Hallenbad unter Trainerin Francesca Zampieri. «Was die beiden so erfolgreich macht, ist definitiv die Chemie, die zwischen ihnen herrscht», sagt diese. «Sie sind als Einzelsportler schon sehr talentiert, doch zusammen sind sie irgendwie noch besser. Wenn man ihnen zuschaut, hat man das Gefühl, sie würden im Wasser tanzen.»
Die Silbermedaille am World Cup kam dennoch überraschend. «Wir schauten uns vor dem Wettkampf die Startliste an, und uns wurde plötzlich bewusst, dass hier ein Podestplatz drinliegt», erzählt Michel. «Doch wir dachten, wenn wir wirklich unsere beste Performance hinlegen, reicht es für den dritten Platz.» Halbeisen ergänzt: «Als wir danach unsere Punkte sahen und plötzlich der zweite Rang daneben stand, war das für uns unbeschreiblich.»
Wie geschockt die beiden von ihrer eigenen Leistung waren, ist auf den Bildern dieses historischen Tages unschwer zu erkennen. Sie jubeln laut und fallen sich in die Arme, noch im gleichen Moment, in dem sie ihre Punktzahl sehen. Sie hüpfen trotz der gerade gezeigten sportlichen Leistung voller Energie auf und ab und scheinen ihr Glück kaum fassen zu können. Nur, dass es kein Glück ist, sondern jahrelange, harte Arbeit.
Mit eiserner Disziplin im Training
«Sie kommen eben auch ins Training, wenn sie mal nicht so Lust haben», meint Coach Zampieri. «Und auch an diesen Tagen finden sie immer Wege, Spass zu haben. Sie lachen viel zusammen und die Liebe, die sie für diesen Sport haben, ist ihnen sowohl im Training als auch im Wettkampf deutlich anzumerken.»
Doch für einen solchen Erfolg braucht es nicht nur Spass, sondern auch Disziplin. Vor allem für Halbeisen, die diesen Sommer die Matura macht, war es nicht immer einfach, den Sport und die Schule unter einen Hut zu bekommen.
«Gerade, nachdem wir die Medaille gewonnen hatten, fragte ich mich wirklich, wozu ich noch lernen und zur Schule gehen soll, wenn ich doch auch einfach Sport machen könnte. Für ein oder zwei Wochen konnte ich mich kaum konzentrieren, da ich ständig über die Medaille nachdachte», erzählt sie. Natürlich wird Halbeisen die Schule trotzdem fertig machen und träumt auch schon von dem Architekturstudium, das sie gleich anschliessend beginnen möchte.
Ein sportlicher Blick in die Zukunft führt für die beiden wohl unumgänglich an Olympia vorbei. Doch zuerst einmal kommt die Juniorinnen-EM vom 25. bis am 29. Juni in Griechenland. Bei ihrer letzten Teilnahme platzierte das Schweizer Duo sich auf dem 4. Rang. Diesmal wollen sie aufs Podest. «Das wird schwierig, vor allem da die russischen Athletinnen unter neutraler Flagge wieder antreten dürfen», sagt Michel. «Aber wir werden einfach unser Bestes geben und alles probieren, um an die Medaille zu kommen!»