Die Schweiz hat im jahrelangen Streit um die Rechte der südafrikanischen Mittelstreckenläuferin Caster Semenya verloren. Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bestätigte am Donnerstag ein Urteil von 2023 und hält fest: Die Schweiz hat Semenyas Menschenrechte verletzt.
Im Zentrum des Falls steht eine Regel des Leichtathletik-Weltverbands, die Athletinnen mit erhöhtem natürlichem Testosteronwert – wie Semenya – dazu verpflichtet, ihren Hormonspiegel medikamentös zu senken, um an internationalen Wettbewerben der Frauenklasse teilzunehmen. Semenya hatte sich geweigert, diesen medizinischen Eingriff vorzunehmen und ist deshalb seit 2018 von Wettkämpfen ausgeschlossen.
Der Gerichtshof verurteilte die Schweiz im Urteil der Grossen Kammer wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren. Er erklärte jedoch die Beschwerden von Semenya für unzulässig, die Verstösse gegen ihr Recht auf Privatsphäre und auf einen wirksamen Rechtsbehelf angeprangert hat und sich als Opfer von Diskriminierung sieht.
Schweiz wegen Bundesgerichtsurteil verurteilt
Vor zwei Jahren hatte die erste Instanz des EGMR die Beschwerde von Semenya in mehreren Punkten gutgeheissen. Insbesondere stellte sie fest, dass Semenyas Recht auf Achtung der Privatsphäre in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot durch die Richtlinien des internationalen Verbands World Athletics (WA) verletzt werde.
Das Urteil richtete sich gegen die Schweiz, weil das Bundesgericht als letzte nationale Instanz über den Fall entschieden hatte. Semenya hatte den Entscheid vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS), der seinen Sitz ebenfalls in Lausanne hat, an das höchste Schweizer Gericht weitergezogen.