Angelica Moser (26) kennt das Gefühl bestens, wenn Olympische Spiele in Griffweite kommen. Die Zürcher Stabhochspringerin war schon in Rio 2016 und Tokio 2021 dabei. Doch als sie nach ihrem starken 5. Rang an der WM in Budapest live im SRF-Interview realisiert, dass sie ganz nebenbei auch die Pariser Olympialimite von 4,75 Metern übersprungen hat, brechen bei Moser die Dämme.
Das tränenreiche Interview ist Kult und Sinnbild dafür, dass Moser nach zwei Seuchenjahren mit vielen Verletzungen nun 2023 wieder den Sprung an die Weltspitze zurückgeschafft hat. «Ich konnte endlich mal wieder trainieren, ohne über Verletzungen nachdenken zu müssen», sagt sie an einem Swiss-Olympic-Event in Sursee LU zu Blick, wo über 100 Athletinnen und Athleten auf ihre mögliche Teilnahme in Paris 2024 eingestimmt werden.
Ihre Trainerwahl war ein Risiko
Doch zurück zum Kult-Interview. Wie kann es sein, dass Moser aus allen Wolken fällt, als sie von der erfolgreich übersprungenen Limite erfährt? Kaum vorstellbar, dass eine Leichtathletin die Quali-Bedingungen fürs grosse Highlight nicht kennt.
Moser: «Eigentlich kannte ich die Limite ganz genau. Doch es war WM, ich war total auf diesen Wettkampf fokussiert und habe nie darüber nachgedacht, was diese Höhe sonst noch bedeutet. Deshalb war es so emotional, als plötzlich die Nachricht von Olympia kam.» Mit den 4,75 Metern egalisiert sie in Budapest auch ihre persönliche Bestleistung, diese Höhe hatte sie zuvor erst in der Halle geschafft.
Moser fliegt so hoch wie noch nie. Dabei war ihre Trainerwahl für diese Stehaufsaison ein Risiko. Zwar ist Adrian Rothenbühler (50) als ehemaliger Trainer der Kambundji-Schwestern ein schillernder Name im Schweizer Leichtathletik-Coaching. Aber Stabhochsprung? Das war für den Sprint-Trainer Neuland.
Rothenbühler macht Moser schneller
Moser sagt aber, dass sie sich mit einer Art Übergangsphase Schritt für Schritt annäherten. Als sie noch von Nicole Büchler (39) trainiert wurde, kam Rothenbühler schon 2022 sporadisch dazu. Für die Hallen-Saison wurde die Zusammenarbeit intensiviert, weil Büchler aus familiären Gründen den Trainerjob aufgab.
Und dann machte Moser mit Rothenbühler eben auch für die Outdoor-Saison weiter. «Der Hauptfokus bei ihm ist der Anlauf, das hat sehr viel bewirkt», schildert Moser. Sie läuft nun schneller auf die Matte zu – als sie den Stabeinstich aufs höhere Tempo adaptierte, folgt die Stehaufsaison.
Jetzt ist die Andelfingerin für die Olympia-Saison wieder ins Training eingestiegen. Neben Paris im August ein grosses Ziel: die EM im Juni in Rom.