Grosse Leichtathletik-Zukunft
Das sind unsere drei EM-Goldschätze

Sieben Schweizer Medaillen bei internationalen Titelkämpfen. Die U20-Junioren haben das Einmalige bei der EM in Boras (Sd) geschafft. Allen voran ein goldenes Trio. BLICK stellt dieses vor.
Publiziert: 31.07.2019 um 13:23 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2019 um 13:31 Uhr
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Delia Sclabas kann alles. Während den Wettkampfwochen absolviert sie nebenbei noch die Matura. An der EM in Boras gewinnt sie Gold über 1500 Meter.
Foto: freshfocus
Carl Schönenberger

Wer kann unsere Nachwuchs-Helden besser beschreiben als ihre Trainer? Peter Mathys verrät, warum Delia Sclabas so unwiderstehlich ist. Karl Wyler deckt das Erfolgsgeheimnis von Simon Ehammer auf. Und Lukas Wieland legt die Trumpfkarten seines «kleinen» Bruders Simon auf den Tisch.

Delia Sclabas – 1500-m-Gold – Das Chröttli, das fliegen kann!

Als Mutter Barbara Sclabas am 8. November 2000 kurz nach der Geburt ihre Drillings-Töchter erstmals anschaut, bleibt der stolzen Mama beim Anblick der kleinsten, der in warme Tücher eingepackten Delia, bloss eine Bemerkung: «Isch das es chlis Chröttli.» Tatsächlich, Delia muss schon in ihren ersten Tagen und Wochen hart ums Überleben kämpfen.

«Dieser ausgeprägte Kampfgeist ist ihr bis heute geblieben», sagt Delias Trainer Peter Mathys über die frischgebackene Junioreneuropameisterin über 1500 m. «Ich muss sie im Training häufig bremsen, damit sie nicht jedes Mal zu sehr an ihre Grenzen geht. Denn, was immer Delia auch macht, sie will es perfekt machen.»

Das gelte nicht nur für den Sport. «Nebenbei hat sie während der vergangenen Wettkampf-Wochen noch die Matura absolviert. Nicht an einer speziellen Sport-Schule, sondern am normalen Gymnasium. Und am Tag von Athletissima Lausanne vor ihrem Start am Abend die Numerus-clausus-Prüfung fürs Medizinstudium abgelegt.»

Delia Sclabas – eine Frau, die alles kann: Neben ihren Leichtathletik-Triumphen ist sie je zweifache Juniorenweltmeisterin im Triathlon und im Aquathlon. Skeptiker befürchten, sie verzettle sich in ihren jungen Jahren. Trainer Mathys sieht das anders: «Dass Delia nebenbei auch auf dem Velo und im Pool trainiert, hilft, ihren Bewegungsapparat zu schonen. So kommt sie als Mittelstrecklerin mit bescheidenen 50 bis 60 Laufkilometern pro Woche aus.» Dass sie nicht bloss Laufen und Triathlon kann, demonstriert Delia bei der jüngsten U20-EM. Im 1500-m-Endspurt fliegt sie den Gegnerinnen buchstäblich davon.

Simon Wieland – Speerwurf-Gold – Der mit Genen für Grosses!

Es mag wohl Zufall sein, dass der 18-jährige Berner Speerwerfer Simon Wieland während der Junioren-EM in Boras das Zimmer mit dem Zehnkampf-Prinzen Simon Ehammer teilt. Die doppelten Simons glänzen zum Schluss gleich beide mit Gold.

Wieland «schiesst» im wichtigsten Wettkampf der Saison mit dem 800-Gramm-Speer die Konkurrenz gleich mit einer Serie von persönlichen Bestmarken ab. Mit 73,07 m war er angereist – 79,44 m haben ihm Gold gebracht.

«Simon kann sich extrem auf einen Wettkampf fokussieren», sagt sein Trainer Lukas Wieland. Er ist Simons älterer Bruder – auch einer aus der leichtathletikverrückten Wieland-Family aus Hinterkappelen BE. «Mutter Susanne war Diskuswerferin, Vater Beat Speerwerfer. Und unser Gross­vater mütterlicherseits, Oskar Häfliger, 1946 in Oslo EM-Teilnehmer im Zehnkampf und 1952 als Diskuswerfer bei Olympia in Hel­sinki dabei.»

Fünf Buben und ein Mädchen gibts im Hause Wieland. «Alle sind Werfer», sagt Lukas. «Wir haben daheim unseren eigenen Kraftraum, in dem auch noch alte Hanteln und Gewichte unseres Grossvaters liegen. Und gleich vor dem Haus gibts den Schulsportplatz, wo ich und Simon oft trainieren.»

Im Unterschied zu seinem redegewandten Trainer-Bruder Lukas sei Simon «ein Denker und Träumer. Er kann minutenlang rumsitzen, ohne ein Wort zu sagen. In seinem Kopf ist Simon dann am Speerwerfen. Visualisiert perfekte Technik, grosse Weiten und wie er seine Gegner schlägt. Auch die besten. Das und seine Explosivkraft sind Simons grosse Stärke», sagt Lukas.

Sie und die Familien-Gene haben dem Zweitjüngsten im Hause Wieland jetzt Junioren-EM-Gold gebracht.

Simon Ehammer – Zehnkampf-Gold – Der Prinz von Appenzell

Zehnkämpfer gelten wegen ihrer Vielseitigkeit als Könige der Leichtathleten. Seit dieser Junioren-EM ist der 19-jährige, 1,84 m grosse Appenzell-Ausserrhödler Simon Ehammer also zumindest ein Prinz. Er kann in Südschweden über die zwei Mehrkampf-Tage einen der überlegensten Siege feiern.

«Ein Sieg, den sich Simon seit Wochen fest vorgenommen hat», sagt Karl Wyler, der mit seinem Bruder René beim TV Teufen und in der Appenzeller Sportler-Schule für Ehammers Training zuständig ist. «Träume nicht von Siegen – trainiere dafür!», mit diesem Leitsatz hat sich Simon Ehammer bei der Schweizer Sporthilfe für eine Patenschaft beworben.

Es sind keine leeren Worte. Der Nachbar von Bob-Olympiasieger Alex Baumann aus Stein AR dominiert den EM-Zehnkampf von A bis Z. Lässt den körperlich stärkeren Deutschen keine Chance. «Simon ist ein Perfektionist», lobt Trainer Karl Wyler. Das zeigt sich in der exzellenten Technik über die Hürden oder im Weitsprung. In den Würfen kann der Prinz von Appenzell fehlende Kraft mit guter Technik kompensieren.

«Wenn es einmal nicht so läuft, wie Simon will, dann ärgert er sich kräftig und will es sofort besser machen», sagt Wyler und nennt ein Beispiel. «Beim Hochsprung an der EM ist er hoch über 1,97 Meter geflogen, hat danach die 2 Meter aber nicht gepackt. Dann hat er mich gefragt, wieso er nicht mehr 2 Meter springen könne und hat aus Wut mit dem Fuss gegen die Bande gekickt. Im darauf folgenden 400er sprintete er danach so schnell wie noch nie.»

Als Perfektionisten, aber nicht als verbissen bezeichnet Wyler seinen Athleten. Beste Voraus­setzungen, um schon bald die 8000 Punkte zu knacken.

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