Geschlechter-Diskussion neu eröffnet
Caster Semenya läuft wieder allen davon

Frau oder Mann? An der Leichtathletik-WM 2009 in Berlin hat Südafrikas 800-m-Läuferin Caster Semenya als damals 18-jährige die Diskussion eröffnet. Sieben Jahre danach ist die Verwirrung grösser denn je.
Publiziert: 14.05.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:45 Uhr
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Kraftpaket: Semenya zeigt sich in Doha muskulöser und stärker denn je.
Foto: AP
Carl Schönenberger

Er habe versucht, gar nicht hinzuschauen. So reagierte vor einer Woche beim ersten Diamond League Meeting in Doha (Katar) ein Vertreter des Welt-Leichtathletik-Verbandes IAAF auf die überlegene  Zwei-Runden-Show von Caster Semenya. Und IAAF-Präsident Sebastian Coe hatte sich am Vortag zur «Causa Semenya» kurz angebunden gezeigt: «Semenya darf bis im Juli 2017 ohne Einschränkungen bei den Frauen laufen, das hat der Internationale Sportgerichtshof im Juli 2015 so entschieden.» Erst im Juli 2017 werde die Sache neu beurteilt.

Zur Erinnerung: Mit ihrem WM-Titel 2009 hatte Semenya die Geschlechter-Diskussion in der Leichtathletik lanciert. Untersuchungen haben danach ergeben, dass die Südafrikanerin mit ihrer körpereigenen Produktion des Geschlechtshormons Testosteron deutlich ausserhalb der für Frauen geltenden Norm liegt. Der normale Testosteron-Anteil bei Frauen beträgt rund ein Zehntel desjenigen von Männern. Hyperandrogenismus – so wird die seltsame Laune der Natur ­kategorisiert. Nach einer zehnmonatigen Suspendierung durfte Semenya in der Frauen-Kategorie wieder laufen, unter der Auflage, dass ihr Hormonhaushalt regelmässig überwacht und die Testos­teronproduktion medikamentös gesenkt wird. Ihre Dominanz ist danach weniger erdrückend, Gegnerinnen haben gegen die weniger maskulin wirkende Caster wieder eine Chance.

Bis vor acht Tagen in Doha. «Ich bin erschrocken, als ich ­Semenya gesehen habe», sagt ein Insider. «Noch männlicher, deutlich mehr Muskeln als 2009.» Was sie in Katar auf der Bahn zeigt, bestätigt das Bild. ­Semenya gewinnt den 800er in 1:58,26 überlegen und hält sich dabei sogar zurück. Als ob sie mit einer um zwei Sekunden schnelleren Zeit nicht noch mehr schocken wolle. Das kann sie dann – ohne testosteronsenkende Medikamente – bei Olympia in Rio noch früh genug tun.

Ausgerechnet das Internationale Sportgericht CAS hat die Angst vor dem Gespenst wieder ausgelöst. Indiens Sprinterin Dutee Chand, wegen Hyperandrogenismus 2013 ausgeschlossen, zog gegen die Auflagen, ihre Testosteronproduktion zu senken und sich überwachen zu lassen, vor das CAS. Und bekam bis zu einer Neubeurteilung im Juli 2017 recht. Damit hat auch Semenya freien Auslauf.

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