Darum gehts
- Thomas Stamm führt Dynamo Dresden in die 2. Bundesliga
- Dresden ist eine unterschätzte Kulturstadt mit hoher Lebensqualität
- Dynamo hat einen höheren Zuschauerschnitt als sechs Bundesligisten
Dresden, die zwölftgrösste Stadt Deutschlands, liegt sich freudetrunken in den Armen. Baumeister dieser schwarz-gelben Glückseligkeit ist der Schaffhauser Fussballtrainer Thomas Stamm, der den Traditionsklub Dynamo zurück in die 2. Bundesliga geführt hat.
Stamm ist einer der interessantesten jungen Schweizer Trainer. Er arbeitet einst vier Jahre im Nachwuchsbereich in Winterthur, parallel dazu auch beim Verband in der U15 und der U16. Und geht dann für neun Jahre zum SC Freiburg, wo er zuletzt die 2. Mannschaft trainiert hat. «Natürlich profitiert man und nimmt viel mit, wenn man neun Jahre mit einem Mann wie Christian Streich zusammenarbeitet», sagt Stamm.
Vor einem Jahr folgt der Ruf aus dem Osten. Von Kultklub Dynamo, der zu DDR-Zeiten Meistertitel à discrétion sammelte und der Heimatverein von Grössen wie Matthias Sammer oder Ulf Kirsten ist. 1948 wird der Verein SV Deutsche Volkspolizei Dresden gegründet. In seinen goldenen Zeiten bestreitet der Klub 98 Europacupspiele.
Dresden ist eine Stadt der rechtsextremen AfD. Eine Stadt, die auf den ersten Blick nicht gerade als touristischer Sehnsuchtsort erscheint und deren Fussballfans immer wieder mit Krawallen von sich reden machen. Zuletzt dümpelt der Klub drei Jahre in der 3. Liga. Aber dann kommt Stamm. Und bringt den Erfolg.
Jetzt ist der Aufstieg geschafft, und die Stadt wird zum Feierbiest. «Mit dieser Wucht und diesen Möglichkeiten, die dieser Klub bietet, gehören wir mindestens in die 2. Bundesliga», sagt der 42-jährige Stamm. Mit knapp 30'000 Zuschauern im praktisch immer ausverkauften Rudolf-Harbig-Stadion hat Dresden einen höheren Zuschauerschnitt als sechs Bundesligisten und zehn Zweitligisten. Und Stamm sagt: «Die 3. Liga in Deutschland ist vergleichbar mit der Schweizer Super League.»
Und Stamm korrigiert sogleich auch viele Klischees. «Dresden ist eine wunderschöne Kulturstadt und wird von vielen Menschen unterschätzt. Die Lebensqualität hier ist top», schwärmt er. Und wenn ihn das Heimweh plagt, macht Stamm einen Ausflug in die nahe gelegene Sächsische Schweiz. Diese Gebirgslandschaft hat ihren Namen von zwei Schweizern Künstlern, die im 18. Jahrhundert an der Dresdner Kunstakademie lehrten und beim Anblick der Landschaft an ihre Schweizer Heimat erinnert wurden.
Stamm, der zusammen mit Gerardo Seoane, Raphael Wicky und Mauro Lustrinelli seine Uefa-Prolizenz gemacht hat, wird Dresden erhalten bleiben. Und den Traditionsverein in der 2. Bundesliga etablieren. Aber die Stadt, die im Zweiten Weltkrieg so zerstört wurde wie kaum eine andere und 1945 in Trümmern lag, träumt von mehr. Auch Stamm sagt: «Die Bundesliga ist mittelfristig mit unserer Infrastruktur und unserer Fanbasis ein realistisches Ziel.»
Ob er das noch erlebt? Der Schaffhauser gilt auch in der Schweiz als heisse Aktie, Kontakte zu YB und zum FCB soll es schon gegeben haben. «Die Schweiz war immer wieder ein Thema», sagt Stamm dazu.
Aber derzeit ist der Fokus klar: Es ist die Sächsische Schweiz!