Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
«Hall of Fame» der Arschkriecher

Die WM-Auslosung hat viele Menschen entsetzt. Die Kritik perlt ab. Wie immer. Die Kolumne von Felix Bingesser.
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Fifa-Boss Infantino (l.) biedert sich bei US-Präsident Trump an.
Foto: TOTO MARTI
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Felix BingesserReporter Sport

Jüngst trafen sich Donald Duck und Dagobert Infantino in Entenhausen zur grossen Show. Daisy Duck durfte nicht auf die Bühne. Sie hat die Offsideregel, die ihr Donald am Vorabend erklären wollte, nicht verstanden. Und hat vorgeschlagen, die Fussball-WM mit einem vergoldeten Bitcoin zu spielen. Aber ihr Gatte weiss, dass ein Ball keine Scheibe ist.

So blieben also Donald und Dagobert im geschichtsträchtigen Kennedy Center unter sich. Und machten die WM-Auslosung zu einer bizarren und zynischen Propagandashow in eigener Sache.

Eine derart schmierige Komödie, die in ihrer ganzen Peinlichkeit auch von Harry Hasler hätte moderiert werden können. Der Anlass hat dem Emoji mit dem kotzenden Gesicht weltweit zum ganz grossen Auftritt verholfen.

Beschämender Moment der Sport-Geschichte

Aber selbst gemässigte Kreise zeigten sich von der schamlosen Selbstinszenierung entsetzt. Die CNN-Kommentatorin Ana Navarro ist der Meinung, Fifa-Boss Infantino soll nun definitiv in die «Hall of Fame» der Arschkriecher» aufgenommen werden. Der «Guardian» schreibt, der entscheidende Faktor für diese neue Männerfreundschaft sei «Infantinos Fähigkeit, Trumps niedrigste Instinkte zu bedienen».

Bedient hat Infantino diesen Instinkt mit der Verleihung eines «Friedenspreises». Trump sei ein dynamischer Führer, der sich für die verbindende Kraft des Fussballs eingesetzt habe. Der Peace Price werde im Namen von Milliarden Menschen verliehen, die diesen Sport lieben und sich Frieden wünschen. Hiess es.

Keiner der Milliarden Menschen wollte Trump die Medaille umhängen. Wie beim Schülerturnier musste er sie selber vom Tablett klauben und sich umhängen. Man mag sich kaum an einen beschämenderen Moment in der Geschichte des Weltsports erinnern.

Den richtigen Friedensnobelpreis hat die venezolanische Oppositionspolitikerin Maria Corina Machado erhalten. Vor ihrem Land hat der von der Fifa ausgezeichnete «Friedenspreisträger» in diesen Wochen seine Kriegsflotte stationiert.

Europäische Kritik interessiert nicht

Vor allem in Europa ist man ob dem Narzissmus der beiden entfesselten Selbstdarsteller entsetzt. Aber die Kritik perlt ab. Wie bei einem mit Teflon beschichteten und mit Gold geschmückten Mäntelchen («Bischt»), das man Lionel Messi bei der Siegerehrung in Katar umgehängt hat.

Was die europäischen Kleingeister mit ihrem moralischen Kompass sagen, interessiert das neue Männerbündnis nicht. Europa ist auch in allen anderen Bereichen für den US-Präsidenten ein vernachlässigbarer Faktor. Gibt es von hier Kritik, ist das für das Duo Donald und Dagobert ein Aufstand der Zwerge.

Dass der Walliser Fifa-Boss seinen Ruf in der Heimat und in Europa längst ruiniert hat, ist seit Jahren klar. Aber er weiss: Der Prophet muss im eigenen Land nichts zählen. Den Propheten braucht es da, wo das Öl sprudelt. Und wo der mächtigste Mann der Welt sitzt.

So viel Opportunismus könnte man fast schon wieder als Genialität bezeichnen. Das Fressen kommt auch bei dieser WM vor der Moral. Mit am reich gedeckten Tisch sitzen nicht nur Donald und Dagobert.

Auch einige ehemalige Schweizer Nationalspieler lassen sich vor den Karren spannen. Auch sie wären Anwärter für die Aufnahme in die «Hall of Fame» der Arschkriecher.

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