Übrigens - die SonntagsBlick-Kolumne
Der fussballerische Absturz von Marvin Spielmann

Statt in der Nationalmannschaft spielt Marvin Spielmann beim FC Aarburg. Was ist schiefgelaufen, Herr Spielmann? Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 15:19 Uhr
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Marvin Spielmann war einst ein Kandidat für die Schweizer Nati – heute spielt er in der 3. Liga für den FC Arburg.
Foto: Pascal Muller/freshfocus

Man kennt es. Zwei Menschen aus demselben gutbürgerlichen Milieu. Die gleiche Ausbildung, einen ähnlichen Werdegang, einen ähnlichen Intelligenzquotienten. Der eine wird CEO einer grossen Firma und verdient Millionen. Der andere bleibt ein Leben lang Sachbearbeiter.

Und fragt sich jeden Morgen: Was hat der andere, was ich nicht habe? Warum lacht dem das Glück und mir nicht? Dem Sachbearbeiter bleibt dann nur die Flucht in die Philosophie. «Glück ist, in den kleinen Dingen des Lebens Freude zu finden».

So geht das auch im Fussball. Derweil die Schweizer Stars der Branche in diesen Tagen um ein Ticket für die WM-Endrunde spielen, ist einer der grossen Hoffnungsträger in der Versenkung verschwunden: Marvin Spielmann.

3. Liga statt WM-Quali

Einst ein Versprechen für die ganz grosse Bühne mit einem Preisschild von 5 Millionen um den Hals. Tolle Leistungen beim FC Thun, Meister mit YB, zuvor auch regelmässige Einsätze in der U-21-Nationalmannschaft. Das Tor zu einer grossen Karriere ist offen.

Aber Spielmann, mit 29 Jahren im besten Fussballalter, gehört nicht zum Aufgebot von Murat Yakin. Sondern er steht mit dem FC Aarburg am Tabellenende der Aargauer 3. Liga. Und arbeitet als Berater bei einer Versicherungsgesellschaft.

Und er hat die Gewissheit: Eine grosse Karriere kann man nicht versichern. Was ist falsch gelaufen, Herr Spielmann? «So kompliziert ist das nicht. Ich habe einfach nicht geliefert, andere waren besser», sagt er mit entwaffnender Ehrlichkeit.

Wegen Kinder kein Wechsel in Exoten-Liga

Natürlich weiss auch er, dass weit mehr drin gelegen wäre und er sein Potenzial nicht ausgeschöpft hat. «Es gibt in einer Karriere Schlüsselmomente. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Das ist mir beispielsweise in Thun gelungen. Aber bei meinem Wechsel zu Lausanne bin ich falsch abgebogen.» Der Abstieg beginnt. Über den FC Baden zum FC Aarburg.

Angebote gab es auch vor seinem Wechsel in die Tiefen des Hobbyfussballs. Irgendwo im Ausland hätten ihn seine Berater schon noch untergebracht. «Ich habe zwei kleine Kinder. Was soll ich meine Karriere künstlich in einer exotischen Liga verlängern?», sagt er dazu.

Läuft für Podolski-Team in Baller League auf

Marvin Spielmann zieht es vor, mit seinen Kumpels zum Plausch in Aarburg zu spielen. Und spielt nebenbei auch noch in der deutschen Baller League. In dieser von Lukas Podolski und Mats Hummels in Zusammenarbeit mit anderen Fussballpersönlichkeiten und Künstlern gegründeten Hallenfussball-Meisterschaft. Dort spielen auf kleinem Feld sechs gegen sechs. Per Glücksrad werden die Regeln im Verlaufe der Spiele geändert. Das gibt es auch in der Super League. Hier heisst das Glücksrad einfach VAR.

Spielmann jedenfalls hat bis jetzt für Calcio Berlin gespielt. Jetzt wechselt er auf die neue Saison zum Team von Lukas Podolski. Und reist dann für elf Spiele nach Köln statt nach Berlin.

Es gibt Menschen, die verbittern und verzweifeln an der vermeintlichen Ungerechtigkeit des Schicksals. Marvin Spielmann gehört nicht dazu. «Ganz viele, die hundertmal talentierter waren als ich, haben es nicht einmal in die Super League geschafft», schmunzelt er.

Und macht mit seiner Haltung seinem Namen alle Ehre. Ist doch alles nur ein Spiel, Mann!

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