Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Der Aufstand der Fussballzwerge

Der Fussballklub Mjällby sorgt für Schlagzeilen. Die Kleinen haben Hochkonjunktur. Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 17:15 Uhr
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Aktualisiert: vor 22 Minuten
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Der Klub aus dem 1400-Seelen-Ort Mjällby ist schwedischer Meister geworden.
Foto: imago/Bildbyran
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Felix BingesserReporter Sport

Man kennt das Phänomen aus der biblischen Geschichte. Seit dem ungleichen Duell von David gegen Goliath. Der kleine Hirte David verzichtet auf Schwert und Rüstung und besiegt mit der Steinschleuder und fünf Kieselsteinen den übermächtigen Riesen Goliath.

Auch im Fussball gibt es diese Duelle. Die vermeintlich Kleinen zeigen den Grossen und Mächtigen die Krallen. 

So wie Nordkorea, das bei der WM-Endrunde 1966 den stolzen Favoriten Italien mit 1:0 besiegte. Lee, Lim, Shin, Pak, Ha, Oh, Im, Han, Pak, Kim und Yan lautete die Formation, die dem Begriff Sensation im Weltfussball Leben einhauchte. Weil sie danach viel zu überschwänglich gefeiert hatten, wurden sie hinterher vom kommunistischen Regime in ein Arbeitslager gesteckt.

Das Salz in der Suppe

Die Binsenwahrheit, dass es im Fussball keine Kleinen mehr gibt, macht schon seit Jahrzehnten die Runde. Natürlich gibt es sie noch. Und wenn sie aufmüpfig werden, ist dies das Salz in der sportlichen Suppe. 

Hellas Verona ist in Italien schon Meister geworden, Leicester hat vor einigen Jahren die stolzen Klubs aus London, Manchester und Liverpool düpiert. Emphatische Fussballfans, die mehrheitlich nicht zu den Mächtigen und Reichen gehören, feiern die Triumphe der Aussenseiter. 

Im letzten Frühling trafen sich Heidenheim und Elversberg zur «Dorf-Barrage» um den letzten Platz in der Bundesliga. Heidenheim blieb oben, Elversberg (7400 Einwohner) klopft aber bereits wieder an die Tür und ist derzeit Tabellenführer in der 2. Bundesliga.

Im Moment erleben wir einen veritablen Aufstand der Fussballzwerge. Klubs wie Karabach, Paphos, Almaty oder Bodö/Glimt tauchen in der Champions League auf. Und nicht immer sind das von dubiosen Schwarzgeldern alimentierte Retortenklubs.

Länder wie Usbekistan, die Kapverdischen Inseln oder Jordanien haben sich für die WM-Endrunde qualifiziert. Neukaledonien und andere Kleinstaaten haben noch Chancen. Natürlich: Das aufgeblähte Teilnehmerfeld ist mit ein Grund.

Märchen in Schweden

Trotzdem: Der Aufstand der Zwerge hat System. Das jüngste Märchen hat sich in Schweden ereignet. Mjällby AIF heisst der Klub aus dem kleinen Fischerdorf in Südschweden, der die Hierarchie auf den Kopf gestellt und weltweit für verblüffte Schlagzeilen gesorgt hat. 1400 Menschen leben in Mjällby. Ihr Fussballklub ist diese Woche schwedischer Meister geworden.

Die Globalisierung fördert die Nivellierung des Fussballs weiter. In jedem Winkel der Erde gibt es immer mehr qualifizierte Trainer. Taktische Finessen und modernste Trainingslehre poppen auf jedem Laptop auf.

Aber auch ein Trend: Je grösser die individuelle Klasse der Spieler, desto wichtiger wird das Teamgefüge. Dass der Mannschaftsspirit und die Solidarität bei immer grösserer Ausgeglichenheit der Fussballer zentraler werden, ist offensichtlich. 

Fahnenträger dieser These ist Paris St. Germain. Mit Neymar, Messi und Mbappé klappte es nicht. Mittlerweile hat man eine MANNSCHAFT. Die beste der Welt.

Was braucht es für den Erfolg? «Verbundenheit. Zwischen Mannschaft, Fans, Mitarbeitern und mir als Trainer. Nur wenn wir uns verbunden fühlen, werden wir Erfolg haben.» Gesagt hat das Horst Steffen. Er hat die «Elv» aus dem Dorf Elversberg an die Pforte zur Bundesliga geführt.

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