Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Das Eis ist dünn geworden

Der FCZ steckt in der Sackgasse. Die Kolumne von Felix Bingesser ist ein offener Brief an Ancillo Canepa.
Publiziert: 13:21 Uhr
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Die Illustration hat sich Ancillo Canepa ins Büro gehängt. Nun ist er wieder auf dünnem Eis unterwegs.

Lieber Ancillo Canepa

Wie dünn das Eis sein kann, hast du vor 15 Jahren selber erfahren. Damals ist eure Hündin Kookie beim Spaziergang entlang der Sihl auf dem gefrorenen Fluss eingebrochen. Du hast dich bis auf die Unterhosen ausgezogen, bist übers Eis gerobbt. Und ebenfalls im eiskalten Wasser gelandet.

Dann hast du dich mit blossen Händen heldenhaft zu deinem Hund vorgekämpft. «Das Eis war scharf wie eine Rasierklinge, ich habe mich überall geschnitten», hast du dem Blick damals die dramatische Situation geschildert. Weil du auch Humor hast, hast du diese Zeitungsseite mit der dazugehörenden Illustration später eingerahmt und aufgehängt.

Das ist mir anlässlich einer «Aussprache» in deinem Büro aufgefallen. Ja, es gab sie, diese «Aussprachen». Auch 2016, als der FCZ abgestiegen ist. «Diktaturen sind Einbahnstrassen. In Demokratien herrscht Gegenverkehr. Die weitgehend beratungsresistente Familie Canepa ist auf dieser Einbahnstrasse ins Elend gefahren», stand damals im Blick.

Canepas Nehmerqualitäten haben nachgelassen

Du hast zum Hörer gegriffen und dich beschwert. So, wie du dich immer offensiv und direkt mit deinen Kritikern an den Tisch gesetzt hast. Deine Nehmerqualitäten haben aber nachgelassen, dein Kinn ist glasiger geworden. Deine pauschale Medienkritik («Alles Fake News») wirkt mittlerweile etwas verbittert. 

Geblieben ist dein grosses Herz für den Fussball. Schon als Jugendlicher hast du die Zeitschrift «Kicker» gesammelt und fein säuberlich zu einer riesigen Sammlung gebunden. Du hast selber gekickt, kennst in Zürich jede Grasnarbe. Du engagierst dich für den Fussball aus Leidenschaft, nicht aus reiner Profilierungssucht. Das hat mir immer imponiert.

Der FCZ ist auf Abwegen

Aber jetzt ist der FCZ wieder auf Abwegen. Er ist eine Trutzburg auf dem Holzweg. Zu tun hat das mit dem Sportchef Milos Malenovic, dem ihr Nibelungentreue geschworen habt. Der Mann, der offenbar eine Blankovollmacht hat, krempelt den Klub zu einer sterilen Businessplattform in einer Kühlschrankatmosphäre um.

Kritik ist nicht erwünscht. Wer aufbegehrt, riskiert den Job. Wie jetzt der 13. Trainer in deiner bisherigen Amtszeit. «Change-Management» mit dem Holzhammer ist angesagt. Der Klub entfernt sich von seiner Basis und seinen Fans. Und verliert an Identität.

«Wer das Tempo der Veränderung nicht mitgehen kann, muss gehen», sagst du – und nennst den Namen von Malenovic in Zusammenhang mit Uli Hoeness. Das ist, wie wenn man Baschi mit Elvis Presley vergleicht.

Spielen Vertrauen und Empathie keine Rolle?

Lieber Cillo, wenn ich dich mit deiner dampfenden Tabakpfeife auf der Tribüne sehe, dann sollte das der erfahrene und weise Indianerhäuptling sein. Der mit Besonnenheit, Klarsicht und Einsicht seinen Stamm führt.

Es kann doch nicht sein, dass in einem Fussballklub Konzept vor Kultur kommt? Dass in einer starren und dogmatischen Strategie Vertrauen und Empathie keine Rolle spielen? 

Wenn man falsch abgebogen ist, kann man auch umkehren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf der Einmann- und Einbahnstrasse Malenovic ins Glück fährt.

Das Eis ist wieder sehr dünn geworden. Ich hoffe, die ganze Geschichte nimmt ein gutes Ende. Und das Vermächtnis der Familie Canepa wird nicht ein Scherbenhaufen sein. Das hättest du nicht verdient.

Sportliche Grüsse, Felix Bingesser

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