Rekorde purzeln
Frauenfussball boomt

Frauenfussball ist hip wie nie. Schon vor der WM in Frankreich purzeln die Zuschauerrekorde. Auch in der Schweiz ist er Teamsport Nr.1. Nur, wann merken das auch potentielle Investoren?
Publiziert: 19.06.2019 um 19:41 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2019 um 14:15 Uhr
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Frauenfussball ist hip wie nie. Schon vor der WM in Frankreich purzeln die Zuschauerrekorde.
Foto: Estelle Vagne/freshfocus
Michael Wegmann und Bettina Brülhart

Am 17. März 2019 fiebern 60 '739 Fans beim spanischen Spitzenkampf zwischen Atlético Madrid und Barcelona (0:2) im Estadio Metropolitano mit. So viele wie noch nie an einem Ligaspiel der Frauen. Damit purzelt auch ein 99 Jahre alter Rekord: 1920 kamen 53 '000 Zuschauer zum Duell der Dick Kerr’s Ladies gegen die Helen’s Ladies in Liverpool.

Im Mai brechen auch die italienischen Frauen den Rekord. In der Serie A bei Juventus gegen Fiorentina sitzen 39 '027 im Stadion. Diese Spiele sind keine zufälligen Ausreisser nach oben, sie sind Resultat geschickter Marketing- und PR-Strategien. Namhafte Männer-Klubs wie Barcelona oder Juventus haben das Potenzial des Frauenfussballs längst erkannt, investieren kräftig. Es wird die Werbetrommel gerührt und Gratis-Tickets abgegeben.

Schon im Januar kamen in Spanien rund 48 '000 Fans zum Cup-Viertelfinal zwischen Bilbao und Atlético. Mittendrin die Schweizer Nati-Spielerin Viola Calligaris. «Beim Einlaufen sinkt einem das Herz schon ein bisschen in die Hose», sagt die Mittelfeldspielerin von Atletico, «aber wenn das Spiel beginnt, hat man nur noch Spass. So etwas erlebt man nicht alle Tage, darum will ich es einfach geniessen.»

Gleich viel Prämien wie bei den Männern

Beim Weltrekord gegen Barcelona konnte sie nicht mittun, da sie verletzt war. «Aber es war unbeschreiblich. In Spanien wird der Fussball voll gelebt, das hat alle motiviert. Für solche Erlebnisse spielt man Fussball.»

Mehr Zuschauer heisst auch mehr Presse und mehr Sponsoren. In England stieg kürzlich Weltkonzern Barclays als Titel-Sponsor der Frauen-Liga ein. Mit einem Dreijahresvertrag und einem Betrag von rund 12 Millionen Franken. Visa geht mit der Fifa eine Partnerschaft ein und fördert den Frauenfussball weltweit, Adidas will den deutschen Frauen an der WM dieselben Prämien bezahlen wie den Männern in Russland vor einem Jahr.

In der Schweiz sind wir von solchen Zahlen und Verhältnissen noch weit weg. Alle Nationalspielerinnen, die nicht bei einem ausländischen Klub engagiert sind, gehen neben dem Fussball einem Job nach. Der Zuschauer-Rekord stammt aus dem Jahr 2013, da waren 7'304 Fans beim Champions-League-Viertelfinal zwischen dem FCZ und Barcelona im Letzigrund.
Und doch boomt auch der Schweizer Frauenfussball. 24 991 lizenzierte Fussballerinnen sind es aktuell, so viele wie noch nie. Tendenz steigend (siehe Box). Hinzu kommen noch einige Tausend Mädchen im Kinderfussball. Fussball ist längst der belieb teste Teamsport der Schweizerinnen.

Es dürfte wohl nicht mehr lange dauern, bis man auch in der Schweiz das grosse Potenzial des Frauenfussballs erkennt und darin investiert. 

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