Geduld war gefragt bei Portugals Offensivabteilung. Trotz von Beginn an dominantem Auftritt knackt der Europameister die Oranje-Defensive erst spät, lässt sich dann aber die Butter nicht mehr vom Brot nehmen.
Der Gastgeber gewinnt den Final der erstmals ausgetragenen Nations League gegen die Niederlande mit 1:0 und versetzt die heimischen Fans in Porto in Ekstase.
Oranjes fehlende Puste
«Das Beste für uns ist es, den Ball zu kontrollieren», meinte Oranje-Coach Ronald Koeman, angesprochen auf Portugals Offensivqualitäten vor der Partie. Doch dazu fehlt der Niederlande ganz offensichtlich die Puste: Der eine Tag weniger Ruhepause und die Extraschicht beim Halbfinal-Sieg nach Verlängerung gegen England sind deutlich sichtbar. Das aufstrebende, technisch starke Team rund um den Strategen Frenkie de Jong wird früh gestört, kann sein Spiel nicht aufziehen.
Dank der Weltklasse-Abwehr mit Matthijs de Ligt und Virgil van Dijk und Portugals mangelnder Chancenverwertung hält sich die Koeman-Truppe dennoch lange im Geschäft. Cristiano Ronaldo zeigt sich bemüht, treibt sein Team an, hat seine Füsse beim entscheidenden Angriff nach einer Stunde jedoch nicht im Spiel: Es ist der wirblige City-Flügel Bernardo Silva, der Valencia-Star Goncalo Guedes in Szene setzt – dieser schlenzt die Kugel (nicht unhaltbar) in die Maschen und lässt das portugiesische Fussball-Herz höher schlagen.
Balsam auf die Wunden von 2004
Die Nations League ist keine Europa-, geschweige denn eine Weltmeisterschaft. Und dennoch: Die Portugiesen geben alles für den Turniererfolg und feiern ihn entsprechend ausgelassen auf dem Rasen.
Die Chance auf einen Titel vor heimischem Publikum bietet sich schliesslich nicht alle Tage. Bei der Heim-EM 2004 war sie da, doch die Portugiesen um den damals 19-jährigen Ronaldo verpassten den Turniererfolg überraschend gegen Griechenland. Der Nations-League-Titel dürfte Balsam auf die damals aufgerissenen Wunden sein.
Oranjes Titel-Durststrecke geht weiter
Auch die Niederländer betonten im Vorfeld die Bedeutung des Spiels. Denn bei ihnen ist es 31 Jahre her, dass sie letztmals einen Titel geholt hatten. Im erfolgreichen EM-Finale 1988 gegen die Sowjetunion (2:0) hatte noch der heutige Bondscoach Ronald Koeman mitgespielt. Gerne hätte dieser die Durststrecke beendet, doch die Reaktion auf Portugals Führung kommt zu spät.
Dennoch: Sein Team mache eine «wundervolle Entwicklung» durch, meint Koeman zuversichtlich. Nach drei verpassten Endrunen (WM 2014, EM 2016, WM 2018) zeigt die Formkurve bei der komplett neuformierten Oranje wieder nach oben. Holt man doch unlängst in der Gruppenphase der Nations League Rang eins vor Frankreich und Deutschland. (dad)