Herr Renzetti, sonst sind Sie ein Mann der klaren Worte, nach dem 0:6-Debakel gegen Sion sind Sie aber wortlos aus Ihrem Stadion abgerauscht. Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?
Wir haben nach dem 0:2 einfach aufgehört zu kämpfen und zu laufen. Das ging mir auf den Sack und das 0:6 am Schluss hässlich. Ich wollte danach nichts sagen, weil ich sonst was Unüberlegtes gesagt hätte, dass wieder ausgeschlachtet worden wäre.
Ihr Trainer Zeman hätte eigentlich an der Pressekonferenz erscheinen müssen. Doch er rauschte auch einfach ab. Muss er nicht Verantwortung übernehmen?
Er hatte sich geschämt. Er war auf alle Spieler sauer. Er hat sie auf alles vorbereitet und keiner von ihnen hat es umgesetzt. Wir dachten, dass wir nach dem Sieg gegen GC zurück in der Spur sind und jetzt musste auch Zeman realisieren, dass dieses Team doch fragiler als gedacht ist, wenn es Tore kassiert.
Wer ist schuld an diesem Debakel. Trainer oder Spieler?
Alle! Vom Präsidenten, über den Trainer bis hin zu den Spielern.
Was war der Grund für das Debakel?
Weil wir keine Routiniers auf dem Platz hatten, die das Team hätten führen können. Sobald Spieler wie Urbano oder Padalino draussen sind, sind wir sehr anfällig. Das hat jetzt wohl auch der Trainer verstanden, dass er die Routiniers nicht mehr draussen lassen kann.
Sie haben in der Pause Matteo Tosetti zusammengestaucht. Was war los?
Er hatte Schmerzen, hielt sich immer am Bein und rannte nicht mehr. Ich war sauer und habe ihm in der Pause zugerufen, dass entweder rausgehen oder marschieren soll. Sich einfach nur am Bein zu halten bringe nichts. Tosetti sagte mir dann, der Trainer nehme ihn ja nicht raus. Meine Antwort: Dann setze dich einfach auf den Rasen, dann muss er dich rausnehmen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie sich Tosetti zur Brust nehmen und ihm mangelhafte Einstellung vorwerfen. Was ist Ihr Problem mit ihm?
Ich glaube, dass mit der Verletzung gegen Sion war nur eine Ausrede, weil er raus wollte, als es nicht lief. Ich habe doch kein Problem mit Tosetti. Ich gebe ihm auch einen Kuss auf den Kopf, wenn er es gut macht. Er ist jung, talentiert. Ich will, dass er besser wird. Ich will ihn menschlich weiterbringen, da geht’s nicht um Talent. Er muss sich wie ein Profi verhalten.
Gegen GC warfen Sie ihm sogar fehlende Intelligenz vor...
Das ist typisch, dass es so aufgebauscht wurde. Tosetti wird von der Tessiner-Presse einfach zu sehr beschützt, was ihm nicht gut tut, weil er sich so im Recht fühlt. Fakt ist, dass ich ihm vor dem Spiel gesagt habe, dass er bei seiner Einwechslung seinen Speed ausnutzen soll um Chancen zu kreiren. Er kommt rein und bewegt sich auf zwei Quadratmetern. Beim Einlaufen lehnte er sich an die Cornerfahne! Natürlich werde ich da sauer! Das ist nicht professionell. Es waren zwei Scouts aus der 2. Bundesliga auf der Tribüne, was macht das für einen Eindruck. Mit solchem kindlichen Verhalten schadet er nicht nur sich sondern auch dem Klub. Da muss man doch den Kopf einschalten.
Ist das Ihre Art der Motivation?
Für mich sind die Spieler wie Söhne. Ich verlange alles von ihnen. Sie kriegen alles von mir. Ich zahle Löhne, organisiere ihnen einen Top-Trainer. Lugano ist für mich mehr als ein Unternehmen. Das ist Leidenschaft. Da brauchts Streicheleinheiten und manchmal auch mal eine Ohrfeige. Sinngemäss. Wir arbeiten alle hart für diesen Erfolg. Wir sind Männer. Wenn mal was schlecht läuft, muss man das auch sagen und ansprechen.
Wie soll diese verunsicherte Truppe den Ligaerhalt schaffen?
Wir haben keine Champions im Team, wir sind alles Arbeiter, die für den Erfolg schuften müssen. Bei uns muss alles stimmen, damit wir Erfolg haben. Aber wir sind wieder motiviert und haben uns von der Pleite erholt. Ich habe keine Angst um uns. Ich glaube, wir schaffen den Ligaerhalt.