Freitagabend im St. Galler Kybunpark: Nur 6 Minuten braucht Nati-Neuling Cedric Itten (22), um beim EM-Quali-Spiel gegen Georgien mit dem Kopf das goldene 1:0 zu erzielen.
«Ich kanns immer noch nicht fassen», sagt Peter Zeidler, Ittens Trainer bei St. Gallen. Er sitzt mit Präsident Matthias Hüppi im Stadion. Zeidler: «Wir schrien: ‹Itten! Itten!› Unglaublich, eine Geschichte, die nur der Fussball schreiben kann.»
Itten, der Held, sagt zwölf Stunden später beim Auslaufen: «Eine schönere Geschichte hätte es für mich nicht geben können.» Als Erinnerung darf er den Matchball behalten. «Und das Leibchen hänge ich auf. Nein, meine Freundin macht das.»
Die Freundin sitzt am Freitag auch auf der Tribüne. Sie heisst Nina, teilt mit Cedric in Herisau AR Tisch und Bett. Kennengelernt haben sich die beiden an der Sek in Basel. Nina modelt in ihrer Freizeit. Auf Instagram zeigt sie sich bauchfrei in einem St.-Gallen-Trikot. Ittens Lebenspartnerin arbeitet zu 50 Prozent als medizinische Praxisassistentin (so heissen heute die Arztgehilfinnen), macht daneben im Fernstudium die Berufsmatura. Ihre medizinischen Kenntnisse konnte sie die letzten 14 Monate zu Hause bestens brauchen. Denn ihr Cedi war ganz unten.
Ittens Leidenszeit
Ende September zertrümmert ihm Luganos Verteidiger Fabio Daprelà das rechte Knie. Kreuzband und Innenband gerissen. Das Karriereende drohte! Mit 21. War Itten danach ein pflegeleichter Patient? Nina zu SonntagsBlick: «Klar gab es schwierige Zeiten, in denen er sich nichts anderes gewünscht hat, als Fussball zu spielen. Aber trotzdem habe ich ihn bewundert, wie er immer versucht hat, positiv zu bleiben. Er hat das wirklich super gemacht.»
Nach sieben Monaten Leidenszeit kehrt Itten zurück. Und startet diese Saison mit der St. Galler Rasselbande durch. 6 Treffer schiesst der Vollblutstürmer.
Und als nach den verletzten Nati-Stürmern Embolo und Gavranovic Ende letzter Woche auch noch Drmic absagt, rutscht Itten, der zuvor auf Pikett war, ins Aufgebot. Es kommt noch besser. Beim Aufwärmen vor dem Georgien-Spiel verletzt sich der gesetzte Stossstürmer Seferovic. Vargas muss neben Ajeti ran. Und Itten ist auf der Bank plötzlich eine echte Alternative. Nati-Coach Vladimir Petkovic: «Als Cedric einrückte, sagte ich ihm: ‹Das ist Zufall, nütze deine Chance. › Aber ich habe nicht damit gerecht, dass er spielen würde.»
Nina: «Schon als das Aufgebot kam, war ich überglücklich, weil sich damit für Cedric ein Kindheitstraum erfüllte.» Und dann wirds fast kitschig. Itten kommt in der 71. Minute beim Stand von 0:0 zu seinem Nati-Debüt. Nur 6 Minuten später nickt er ein.
Trainer Zeidler: «Das Tor war kein Zufall. Cedi hat den Riecher. Der Kopfball war sehr stark!»
Nina: «Beim Tor kamen mir die Freudentränen. Ich war froh, dass so viele Freunde dabei waren, mit denen ich mich freuen konnte. Ich freue mich riesig für Cedi und das ganze Team.»