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Liga-Boss schlägt Alarm, CC malt schwarz
«Das kann den Profi-Fussball in der Schweiz gefährden»

Am 3. Dezember beschliesst die Uefa eine Reform des Europacups. Noch ohne Geld-Verteilschlüssel. Viele kleinere Fussball-Länder wie die Schweiz befürchten, finanziell noch kleiner zu werden.
Publiziert: 31.03.2019 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:11 Uhr
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  • Uefa schüttet immer mehr Geld aus für Topklubs
  • Kleinen Ländern bleiben nur Brosamen
  • Spanische La Liga sieht die Stabilität gefährdet
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SFL-CEO Claudius Schäfer sieht die Stabilität im Europa-Fussball bedroht.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
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Alain KunzReporter Fussball

Claudius Schäfer ist in Aufruhr. Und der CEO der Swiss Football League ist nicht allein. Auch YB-CEO Wanja Greuel ist besorgt. Trotz über 30 Millionen Bruttoeinnahmen aus der Königsklasse diese Saison. Und Sion-Präsident Christian Constantin sieht unsere Liga möglicherweise in ihren Grundfesten erschüttert: «Das kann den Profifussball insgesamt gefährden!»

Warum? Weil die Grossen immer grösser werden. Und den Kleinen nur noch Brosamen übriggelassen werden.

Schäfer nennt eine beeindruckende Zahl: «Von 1992 bis 2018 haben die 14 Topklubs sieben Milliarden Franken von der Uefa erhalten. Das waren 48 Prozent der ausgeschütteten Gelder. Bleibt es beim aktuellen Verteilschlüssel, werden sie in den sechs Jahren von 2018 bis 2024 auch sieben Milliarden einsacken. In nur sechs Jahren! Das wären dann 60 Prozent der ausbezahlten Uefa-Gelder. So kann es nicht weitergehen!»

Die Kleinen sind in die Uefa-Falle getappt

Die Uefa habe die mittleren und kleinen Länder mit der Erhöhung der Teams von 80 auf 96 geködert, die sich für eine Europacup-Gruppenphase qualifizieren. Und die sind in die Falle getappt. «Die Konsequenzen sind katastrophal», sagt Schäfer. «Die Solidaritätszahlungen an die Vereine, welche nicht europäisch spielen, sind von 8,5 Prozent während des Zyklus’ 2015 bis 2018 auf 7,3 Prozent für die Jahre 2018 bis 2021 zurückgegangen. Die in den «European Leagues» vereinigten Ligen wollen nun unisono eine Erhöhung auf 20 Prozent.»

Dass die Solidarität trotz massiv mehr vorhandener Gelder sogar kleiner wurde, ist Schäfer umso mehr ein Dorn im Auge, als diese in den Uefa-Statuten als explizite Zielsetzung festgehalten ist. So steht dort, dass die sportlichen Grundwerte immer Vorrang gegenüber kommerziellen haben. Und dass die Uefa die Ausschüttung der Einnahmen aus dem Fussball nach dem Solidaritätsprinzip (...) bezweckt.

In Anbetracht der aktuellen Zahlen ein Hohn. «Dabei kann die Uefa durchaus solidarisch sein«, so Schäfer. «Sie hat mit der Nations League einen Wettbewerb geschaffen, der sehr solidarisch ist. In welchem sich ein kleines Land direkt für die EM-Endrunde qualifizieren kann.»

«Eine Million pro Klub wäre lebenswichtig»

Die Uefa-Gelder seien für einen mittleren Klub substanziell geworden. «Wie kann man da noch einen Profibetrieb in der Schweiz finanzieren, wenn wir von der Uefa prozentual immer weniger erhalten», fragt CC rhetorisch. «Die Einnahmen durch die TV-Gelder sind viel zu tief. Also braucht es einen Mäzen wie mich. Sonst ist bald Lichterlöschen!»

CC male sicher ein bisschen schwarz, glaubt Schäfer. Aber: «Es könnte in diese Richtung gehen. Bringen wir unseren Verteilschlüssel mit den zwanzig Prozent hingegen durch, würde jeder Klub, der in keiner Gruppenphase ist, ca. eine Million Franken Solidaritätszahlung erhalten. Das wäre lebenswichtig!»

Das die Schweiz derzeit im Uefa-Ranking miserabel dastehe, sei nicht ausschlaggebend für Schäfers Wut: «Aber in der Europa League 2 soll auch um 16.30 Uhr angespielt werden. Das ist natürlich stossend.»

Was tun? Viel mehr als Druck ausüben könne man nicht, so Schäfer. Und darauf hoffen, dass auch grosse Ligen wie die spanischen La Liga dem Solidaritätsgedanken Nachdruck zu verschaffen versuchen. Denn die Mehrheit der Klubs in Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich gehört auch nicht zur Kategorie der Superreichen.

La Liga schreibt: «Das neue Uefa-Europacup-Modell bedroht die Stabilität im europäischen Fussball.»

Der Ball liegt bei der Uefa. Und die will den Superreichen im ureigenen Interesse natürlich nichts wegnehmen. Im Gegenteil.

Das ist die Europa League 2

Der Europacup wird reformiert. Nach 22 Jahren mit zwei Wettbewerben wird es ab 2022 einen dritten geben, dies hat das Uefa-Exekutivkomitee am 3. Dezember beschlossen. Die Reform in Kurzform:

  • Der dritte Wettbewerb nach Champions und Europa League trägt den Arbeitstitel Europa League 2, soll aber noch einen sexieren Namen kriegen.
  • Die Anzahl Teams in der Champions League wird bei 32 belassen. Die Europa League 1 von 48 auf 32 Teams verkleinert. Die Europa League 2 hat auch 32 Mannschaften. So werden neu 96 statt wie bisher 80 Teams europäisch spielen.
  • So läuft die Europa League 2: Die acht Sieger der Vierergruppen qualifizieren sich für die Achtelfinals. Die Zweiplatzierten spielen gegen die Gruppendritten der Europa League die übrigen acht Plätze aus. Der Sieger des Bewerbs erhält einen Startplatz in der Europa League 1 für die nächste Saison.
  • Alle Europa-League-Spiele steigen donnerstags. In der Europa League 2 wird es eine neue Anspielzeit geben: 16.30 Uhr!

Der Europacup wird reformiert. Nach 22 Jahren mit zwei Wettbewerben wird es ab 2022 einen dritten geben, dies hat das Uefa-Exekutivkomitee am 3. Dezember beschlossen. Die Reform in Kurzform:

  • Der dritte Wettbewerb nach Champions und Europa League trägt den Arbeitstitel Europa League 2, soll aber noch einen sexieren Namen kriegen.
  • Die Anzahl Teams in der Champions League wird bei 32 belassen. Die Europa League 1 von 48 auf 32 Teams verkleinert. Die Europa League 2 hat auch 32 Mannschaften. So werden neu 96 statt wie bisher 80 Teams europäisch spielen.
  • So läuft die Europa League 2: Die acht Sieger der Vierergruppen qualifizieren sich für die Achtelfinals. Die Zweiplatzierten spielen gegen die Gruppendritten der Europa League die übrigen acht Plätze aus. Der Sieger des Bewerbs erhält einen Startplatz in der Europa League 1 für die nächste Saison.
  • Alle Europa-League-Spiele steigen donnerstags. In der Europa League 2 wird es eine neue Anspielzeit geben: 16.30 Uhr!
Das Europacup-Horrorszenario

Die miese Schweizer Europacup-Bilanz könnte desaströse Folgen haben. Derzeit sind wir im Uefa-Ranking noch auf Platz 15. Der Meister steigt da in der zweiten von vier Qualifikationsrunden der Champions League ein, muss als drei Runden auf dem Champions-Weg überstehen. Der zweite steigt in der ersten Runde ein. Der Cupsieger muss zwei Europa-League-Quali-Runden überstehen. Der Meisterschafsdritte und- vierte drei.

Fallen wir auf Rang 16 (was wahrscheinlich ist, weil uns entweder Kroaten oder Tschechen überholen dürften) zurück, ändert das für den Meister nichts. Aber für die anderen Drei, denn wir würden bloss noch vier Europacup-Teilnehmer stellen. Alle müssten durch die Quali. Aber die Quali für die Europa League 2! Wo dann so sexy Gruppen mit Teams wie Torpedo Kutaissi und Sorja Lugansk warten, allenfalls gewürzt mit einem absoluten Leckerbissen wie dem FC Burnley. Und die Horror-Anspielzeit von 16.30 Uhr.

Die miese Schweizer Europacup-Bilanz könnte desaströse Folgen haben. Derzeit sind wir im Uefa-Ranking noch auf Platz 15. Der Meister steigt da in der zweiten von vier Qualifikationsrunden der Champions League ein, muss als drei Runden auf dem Champions-Weg überstehen. Der zweite steigt in der ersten Runde ein. Der Cupsieger muss zwei Europa-League-Quali-Runden überstehen. Der Meisterschafsdritte und- vierte drei.

Fallen wir auf Rang 16 (was wahrscheinlich ist, weil uns entweder Kroaten oder Tschechen überholen dürften) zurück, ändert das für den Meister nichts. Aber für die anderen Drei, denn wir würden bloss noch vier Europacup-Teilnehmer stellen. Alle müssten durch die Quali. Aber die Quali für die Europa League 2! Wo dann so sexy Gruppen mit Teams wie Torpedo Kutaissi und Sorja Lugansk warten, allenfalls gewürzt mit einem absoluten Leckerbissen wie dem FC Burnley. Und die Horror-Anspielzeit von 16.30 Uhr.

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