Eine fünfzeilige Meldung, mehr ist in den Schweizer Medien-Archiven nicht zu finden. «Walther Bensemann: Der in weiten Sportkreisen bekannte Vorkämpfer des internat. Fußballsports starb in Montreux. Als gewandter Sportjournalist hatte er in Deutschland die führende Fußballzeitung ‹Der Kicker› gegründet und mit Erfolg geführt», schrieb die «Schweizer Illustrierte» am 21. November 1934.
Heute, über 85 Jahre später, ist die Würdigung Bensemanns wesentlich grösser. Biograf Bernd Beyer analysiert: «Ohne ihn hätte es womöglich Bayern München nicht gegeben.»
Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger sagt: «Er war ein bemerkenswerter Vordenker.» Und der «Kicker» schreibt: «Der Mann, der den Fussball nach Deutschland bringt.» Seine Liebe zum Sport entdeckte er in der Schweiz!
Der Sohn einer jüdischen Berliner Bankiersfamilie kommt 1883 als Zehnjähriger in Montreux in ein britisches Internat. Seine Mitschüler bringen ihm dort das neuartige Spiel von der Insel bei. Bensemann ist sofort begeistert und wird mit 14 Jahren Mitbegründer des Footballclub Montreux.
Als er 1889 nach Deutschland zurückkehrt, um in Karlsruhe das Abitur zu machen, «nimmt er aus der Schweiz einen Lederball mit und den Willen, Deutschland zu missionieren», schreibt der «Kicker». Noch als Schüler gründet er den Karlsruher FV, der 1910 deutscher Meister werden sollte.
In einer Festschrift wird Bensemann zitiert: «Der Ball wurde morgens vor der Schule aufgeblasen, und in der 10-Uhr-Pause musste bereits ein Fenster des Gymnasiums daran glauben ...»
Als Erster Tickets verkauft
Bensemann ist auch bei der Gründung der Vorgängervereine von Eintracht Frankfurt und Bayern München an vorderster Front mit dabei. Ebenso 1900, als der Deutsche Fussball-Bund DFB ins Leben gerufen wird.
Trotz grosser Widerstände organisiert er 1893 das erste internationale Spiel mit deutscher Beteiligung. Am 7. Oktober trifft in Karlsruhe eine süddeutsche Auswahl auf Villa Longchamp, einen Klub aus Lausanne. Gemäss «Kicker» denkt er schon damals wie ein Geschäftsmann: «Er kommt – möglicherweise als Erster in Deutschland – auf die Idee, von den Zuschauern Eintrittsgelder zu erheben. Dafür wird bei einer Begegnung in Karlsruhe 1894 das Spielfeld mit Tüchern verhängt. Man nimmt 94 Mark ein, die so eben die Unkosten dieser Aktion decken.»
Einsam und arm gestorben
Vor 100 Jahren, am 14. Juli 1920, gründet er den «Kicker», «ein Symbol der Völkerversöhnung durch den Sport». Die Redaktion hat gleich zwei Sitze: einen im deutschen Konstanz und einen im schweizerischen Kreuzlingen. Als die Nazis 1933 in Deutschland an die Macht kommen, flüchtet Bensemann in die Schweiz. Er soll damals schon krank gewesen sein. Am 12. November 1934 stirbt er schliesslich in Montreux. Einsam und verarmt.