Über 16cm ist sie lang, die Narbe, die sich L-förmig über Shane Duffys Brustkorb bis hin zu seiner rechten Taille erstreckt. Der irische Innenverteidiger erinnert sich nicht gerne an den Unfall, der sein Leben fast beendet hat.
Im Mai 2010 ist es, als Duffy, damals 18-jährig, zum ersten Mal mit der Nationalmannschaft Irlands ins Trainingslager darf. In einem Trainingsspiel prallt der gebürtige Nordire mit Goalie Adrian Walsh zusammen. Das Knie des Keepers trifft Duffys Rippen. Die Folgen sind verheerend. «Es gab einen grossen Knall. Meine Leber wurde aufgeschlitzt. Ich verlor viel Blut.» Über drei Liter. «Mein Herz hat aufgehört, zu schlagen.» Duffy wird ins Spital gebracht und notoperiert, liegt anschliessend zwei Tage im Koma.
«Es war schwierig für meine Eltern», blickt Duffy im «The Independent» zurück. «Meinem Vater wurde gesagt, er könne mich verlieren. Er musste ein paar Stunden warten, bevor er wusste, ob ich es schaffen würde.» Die Ärzte sagen damals, dass man eine solche Verletzung nicht auf dem Spielfeld erwarten würde, sondern eher bei einem Autounfall. Duffy überlebt. Ein Wunder. «Die Ärzte und Chirurgen haben an diesem Tag etwas Erstaunliches für mich getan. Ich werde ihnen für immer dankbar sein», so Duffy.
Fast 20 Kilo verloren
Der Kampf danach zurück ins Leben ist schwierig. «Ich habe so viel Gewicht verloren – ging runter von 90 auf 72 Kilo. Ich war zu dünn», sagt der Spieler, der als Verteidiger auf einen starken Körper angewiesen ist. Nur wenige Monate nach dem Unfall steht er trotzdem wieder auf dem Platz. Zu früh. «Mein Körper war noch nicht bereit», weiss Duffy heute.
Damals steht er bei Everton unter Vertrag. Damit er wieder zu alter Stärke findet, wird er ausgeliehen. An Burnley, dann an Scunthorpe United und Yeovil Town. Erst vier Jahre nach dem Schock-Unfall meldet sich Duffy definitiv im Profi-Fussball zurück – und feiert sein Debüt in der irischen Nati. Seine Karriere ist gerettet.
Mittlerweile ist der 27-Jährige unumstrittener Nati-Stammspieler. Bei seinem Klub Brighton in der Premier League aber hat Duffy seit dieser Saison zu kämpfen. Der neue Trainer, Graham Potter, der seit diesem Sommer an der Linie bei den Möwen steht, setzt nicht auf ihn. Zuletzt sitzt Duffy zweimal auf der Tribüne.
Gegen die Schweiz aber dürfte der beinharte Ire am Dienstagabend auf dem Feld stehen. Und er will unsere Stürmer zur Verzweiflung bringen. «Es macht mir wirklich Spass, meinen Körper herumzuwerfen, um ein Tor zu verhindern. Oder meinen Kopf hinzuhalten, um einen Ball zu stoppen», sagt der Mann mit der L-förmigen Narbe am Bauch. Man glaubts ihm.